EU will Geoblocking bei E-Commerce und Video-Plattformen regulieren

Mit einem neuen Gesetzespaket für den digitalen Binnenmarkt hat die EU-Kommission neue Vorschriften für den Online-Handel und audiovisuelle Medien vorgeschlagen: Geplant sind weniger Geoblocking, dafür mehr EU-Quote.

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EU will Geoblocking bei E-Commerce und Video-Plattformen regulieren

Die Kommission stellt ihre Pläne vor: Andrus Ansip, Elżbieta Bieńkowska, Günther Oettinger und Vĕra Jourová (v.l.n.r.)

(Bild: EU-Kommission)

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Die EU-Kommission hat am Mittwoch zwei Maßnahmenpakete auf den Weg gebracht, um ihre Strategie für den digitalen Binnenmarkt weiter voranzutreiben. Die eine Initiative bezieht sich auf den grenzüberschreitenden E-Commerce, wo die Kommission vor allem gegen ungerechtfertigtes Geoblocking vorgehen und die Verbraucherrechte stärken will. Das zweite Vorhaben konzentriert sich auf eine Reform der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste mit neuen Vorgaben vor allem für Video-Plattformen im Internet.

Händler sollen künftig Kunden aus anderen Mitgliedsstaaten nicht mehr den Zugang zu ihren Online-Portalen verwehren oder automatisch zu einer anderen, möglicherweise teureren Webseite in ihrem Herkunftsstaat umleiten dürfen, heißt es in einem Verordnungsentwurf. Verkäufer und Dienstleister wird darin auch untersagt, ihre Angebote im Internet abhängig von der Herkunft beziehungsweise der IP-Adresse ihrer Kunden unterschiedlich zu bepreisen oder ihre Geschäftsbedingungen zu variieren. Die Kommission will so gegen "Diskriminierung auf Basis von Wohnort, Niederlassung oder Nationalität im Binnenmarkt" vorgehen.

An den Vertrieb von urheberrechtsgeschützten Online-Inhalten wie Musik, Filme oder E-Books hat sich die Kommission noch nicht herangewagt, hier soll laut einer bereits im EU-Rat behandelten anderen Initiative das Geoblocking zunächst allein für die begrenzte Mitnahme legal erworbener Dienste auf Reisen in andere Mitgliedsstaaten gelockert werden. Der für den digitalen Binnenmarkt zuständige Kommissions-Vizepräsident Andrus Ansip sprach von einem "Kompromiss", der nach einer baldmöglichst startenden Prüfung der geplanten Vorgaben ausgeweitet werden solle.

Dazu kommt ein Verordnungsentwurf, mit dem die Kommission grenzüberschreitende Paketzustelldienste preislich transparenter gestalten und die Aufsicht stärken will. Tarife, die Postdienstbetreiber für den Versand eines kleinen Pakets in einen anderen Mitgliedstaat verlangen, seien teils bis zu fünfmal höher als die entsprechenden Inlandstarife und stünden in keinem vernünftigen Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten, monierte Ansip.

Mit dem zusätzlichen Entwurf zur Novelle von Verbraucherschutzregeln sollen die nationalen Behörden mehr Befugnisse erhalten, betrügerische Webseiten etwa mit Abofallen sofort blockieren oder ganz aus dem Netz verbannen zu können. Beim Verkauf gefälschter Tickets dürften die Aufsichtsstellen künftig auch dafür sorgen, dass die Betrogenen kompensiert würden, erläuterte Justizkommissarin Věra Jourová. Es müssten klare Regeln für den E-Commerce gelten, die im Alltag auch "effektiv durchgesetzt werden".

Das zweite Paket für audiovisuelle Mediendienste soll allgemein bereits geltende Bestimmungen für TV-Sender und Streaming-Dienste auf neue Akteure wie YouTube und Video-on-Demand-Angebote (VoD) ausdehnen. Abrufdienste will die Kommission verpflichten, in ihren Katalogen einen Mindestanteil europäischer Inhalte von 20 Prozent anzubieten. In dem Vorschlag wird auch klargestellt, dass die Mitgliedstaaten von in ihrem Land verfügbaren VoD-Services einen "finanziellen Beitrag zu europäischen Werken" verlangen dürfen.

Günther Oettinger, der für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständige Kommissar, sprach von einer "maßvollen" Quote, die Anbieter wie Netflix oder iTunes bereits erfüllten. Auflagen für Kinder- und Jugendschutz etwa gegen Gewalt und Hassreden sollen freiwillig auf Video-Plattformen erweitert werden. "Wir wollen dazu einen Verhaltenskodex machen", führte der CDU-Politiker aus. "Selbstregulierung kann der beste und unbürokratischste Weg sein." Ferner solle die Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden "von Marktteilnehmern sowie der Politik" und deren Autorität gestärkt werden.

Durch die Richtlinienreform will Brüssel Behörde auch Fernsehsendern mehr Flexibilität im Werbebereich geben. Die Obergrenze des Sendezeitanteils von Reklame von 20 Prozent zwischen 7 Uhr und 23 Uhr bleibt demnach erhalten: Anstelle der derzeit erlaubten 12 Minuten pro Stunde sollen die Programmgestalter aber freier entscheiden können, wann im Tagesverlauf sie Spots zeigen. Sendern und Anbietern von Abrufdiensten wird zudem mehr Freiraum bei Produktplatzierung und Sponsoring eingeräumt, solange die Zuschauer darüber informiert werden. (vbr)