Haustiere mit Terminal-Halsband - NTT DoCoMo und seine Visionen
Der Chef des japanischen Mobilfunkriesen NTT DoCoMo geht fĂĽr 2010 von 80 Millionen Handys und 240 Millionen mobilen Terminals in Japan aus. In Europa will er im Bund mit KPN Handy und mobilen Internet-Zugang dominieren.
Eltern, die sich von unterwegs per Handy ins Kinderzimmer einloggen und nach ihren Kleinen schauen. Kunden im Supermarkt, die über Mobilfunk ihren Kühlschrank überprüfen, ob noch genug Milch da ist. Urlauber, die von der Ferieninsel aus per Handy die Türschlösser und das Licht zu Hause kontrollieren. Woran weltweit Mobilfunk-Konzerne arbeiten, soll bereits ab nächstem Jahr in Japan Wirklichkeit werden. "Selbst Haustiere werden künftig Terminals in ihrem Halsband tragen", beschreibt Keiji Tachikawa die Zukunft.
Vom 44. Stockwerk des hochmodernen Tokioter Sanno Park Towers blickt der Präsident von NTT DoCoMo, Japans größtem Mobilfunkkonzern, nicht nur auf Nippons politisches und wirtschaftliches Machtzentrum. Von hier schaut Tachikawa auch täglich in die Zukunft und arbeitet an neuen Visionen für die mobile Kommunikation. "Wir glauben, dass es in Japan im Jahre 2010 rund 80 Millionen Telefone geben wird", sagte Tachikawa, Jahrgang 1939, im Gespräch mit dpa. Die Gesamtzahl mobiler Terminals werde jedoch drei Mal höher, bei 240 Millionen, liegen.
Die Mehrheit mobiler Kommunikationsterminals werde nämlich nicht mehr bloß die Übertragung von Sprache beinhalten. Autos werden künftig bei einem Unfall automatisch Polizei und Versicherung informieren, Kinder und Alte werden Terminals tragen, die sie vor Autos warnen und Haustier-Besitzer werden stets über Halsband- Terminals wissen, wo ihre Vierbeiner sind. Tachikawa und seinen Entwicklern schwebt eine völlig neue Dimension mobiler Kommunikation vor. Den Anfang will NTT DoCoMo im Mai 2001 machen, wenn der Telekomkonzern als Erster in der Welt die dritte Mobilfunkgeneration in Japan in Betrieb nimmt.
Das W-CDMA-System (Wideband Code Division Multiple Access) ermögliche die Übertragung nicht nur von Sprache, sondern auch Musik und bewegten Bildern von einem einzigen mobilen Multimediaterminal aus und zwar in Hochgeschwindigkeit und ISDN-Qualität. Mit Kameras ausgerüstete Videophones könnten Live-Bilder in Echtzeit verschicken. Zudem könnten Multimedia-Inhalte wie Video-Programme heruntergeladen werden. Im Februar 1999 hatte NTT DoCoMo in Japan bereits das weltweit erste Handy mit Internetzugang, das i-mode» gestartet. Mitte September zählte der Konzern bereits mehr als zwölf Millionen Nutzer.
Heute sei Japan führend in der Welt beim mobilen Internet-Zugang, sagt Tachikawa, dessen Konzern mit 14.233 Mitarbeitern zum September insgesamt über 32 Millionen Abonnenten zählte. Die Regierung hegt die Hoffnung, dass das Internet und die Informationstechnologien (IT) zur "Wiedergeburt Japans" beitragen werden. Das gute an IT sei, dass alle Bereiche davon profitierten, sagt Tachikawa. Die Regierung werde aber auch andere Maßnahmen treffen. Eine Industrie allein sei "niemals stark genug, die treibende Kraft für die gesamte Wirtschaft zu sein".
Der Vorteil Japans sei, dass es über sehr gute Fertigungstechnologien verfüge. Dies liege einerseits an der "Kultur des harten Arbeitens" in Japan. Aber auch daran, dass "Japaner neue Dinge lieben", meint Tachikawa. Japan, wo die Verbreitung des Internets lange Zeit nur schleppend voran kam, sei eine "Zehn-Tasten- Kultur", beschreibt Tachikawa den Grund, warum die Japaner lieber per Handy als über eine herkömmliche Computer-Tastatur ins Internet gehen. "Ich glaube, dass war das Einzigartige an unserem System", sagt Tachikawa.
"Es ist notwendig, eine Lösung anzubieten, die auf die Eigenheiten der Menschen und der Kultur des Marktes abgestimmt ist", meint Tachikawa. Das i-mode sei einfacher als der konventionelle Internet-Zugang. "Die Leute wollen in ihrer freien Zeit nur kleine Mengen an präzisen Informationen.". Das gelte letztlich auch für andere Kulturen. Tachikawa, der in seiner Freizeit selbst ein i- mode benutzt, ist davon überzeugt, dass sich das System auch in Europa gegenüber dem WAP-Übertragungsprotokoll durchsetzen wird.
NTT DoCoMo beteiligte sich zu diesem Zweck an der niederländischen KPN Mobile. Durch KPN hat NTT DoCoMo nun Zugang zu mehreren Märkten, über E-Plus auch zum deutschen. "Wir haben unsere Allianzen in Europa abgeschlossen", sagt Tachikawa. Am Ende würden auf dem europäischen Markt nur "drei oder vier" flächendeckende Betreiber überleben. (Lars Nicolaysen, dpa) (jk)