Lauter Streit um Urheberrechtsabgabe auf PCs
Die von Bundesjustizministerin Herta-Däubler Gmelin vorgetragene Forderung, auf digitale Speichermedien eine Urheberrechtsabgabe zu erheben, hat nicht nur Zustimmung gefunden.
Die von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin vorgetragene Forderung nach einer Urheberrechtsabgabe auf digitale Speichermedien hat nicht nur Zustimmung gefunden. So bezeichnete der Vorsitzende der Initiative D21, Erwin Staudt, eine solche Abgabe als "Relikt aus dem Analog-Zeitalter". Urheberrechtsschutz sei wichtig, aber in einer digitalen Welt gingen pauschale Abgaben in die falsche Richtung. Zusätzlich zu der jetzt eingeführten Abgabe auf Faxe und Scanner würde eine noch höhere Belastung der Informationstechnologien entstehen, meinte Staudt. Die Initiative D21 versteht sich als eine offene Plattform von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Leitgedanken der Initiative sind "Förderung und Gestaltung des Wandels zur Informations- und Wissensgesellschaft in Deutschland". Mitglieder sind unter anderem Microsoft, IBM, Hewlett-Packard, Siemens und Intel.
Verschiedene Wirtschaftsverbände haben sich ebenfalls zu dem Thema geäußert. Der Fachverband Medientechnologie, Kommunikation, Information und Bürowirtschaft Südwest meinte, eine solche Regelung entspringe einem "klein karierten Beamtendenken". Während die Handwerkskammer Dresden solche Abgaben strikt ablehnt, wandte sich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gegen voreilige finanzielle Belastungen von Computern, CD-Brennern und digitalen Kopien in einem deutschen Alleingang. Urheber müssten bereits bei der derzeitigen Rechtslage angemessen vergütet werden, wenn die Allgemeinheit ihre Werke nutzt. Die Pläne der Bundesregierung schössen aber über dieses Ziel hinaus und seien zudem nicht mit der EU abgestimmt.
Auch die Opposition lässt sich die Gelegenheit nicht entgehen, die Regierung als "fortschrittsfeindlich" beschimpfen zu können. So forderte der medienpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag Martin Mayer, die "Abgaben-Keule für Informationstechnologien" zu stoppen. Einige Parteigenossen schlossen sich diesem Tenor heute an. Ein weiterer Medienexperte der CSU, Markus Söder, bezeichnete die Pläne als "irrsinnig" und kündigte an, zusammen mit dem Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) eine virtuelle Unterschriftenaktion ins Leben rufen zu wollen. Zwei Sprecher der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion fanden es "typisch für Rot-Grün, jede positive technische Entwicklung mit Abgaben und Auflagen zu belegen" und forderte die Bundesregierung auf, keine Sonderabgaben auf Informationstechnologie zu erheben". Andererseits "müssen die berechtigten Interessen der Autoren beim Urheberschutz berücksichtigt werden". Wie die beiden Sprecher sich dies in der Praxis vorstellen, gaben sie indes nicht bekannt.
Demgegenüber hatte der medienpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Martin Mayer, sich grundsätzlich für Abgaben auf digitale Geräte und Speichermedien ausgesprochen; entscheidend sei die Höhe. Auch der deutsche Kulturrat begrüßte die Pläne, weil "ein funktionierendes Urheberrecht nicht Hindernis, sondern im Gegenteil Voraussetzung für eine günstige Entwicklung der Informationsgesellschaft" sei, so der Vorsitzende des Kulturrates, Franz Müller-Heuser.
Hintergund der Auseinandersetzungen ist ein im Sommer von der Bunderegierung zusammengestellter Vergütungsbericht, in dem es um die Urheberrechtsabgaben auf geschützte Werke geht. In diesem Bericht steht unter anderem die Forderung, die seit 15 Jahren konstanten Abgaben zu erhöhen und auf digitale Speichermedien und -Geräte auszuweiten. Nicht erfasst sind von den Abgaben bisher CD-Brenner und andere moderne Vervielfältigungstechniken.
Diese Forderungen sind nun von Däubler-Gmelin aufgegriffen worden, die der Meinung ist, dass das Urbeherrecht für geistiges Eigentum dem Stand der Technik angepasst werden müsse. "Wir können nicht zulassen, dass die kreativ Tätigen durch die technisch-wirtschaftliche Entwicklung nicht das bekommen, was ihnen zusteht", sagte die Ministerin. Ob der Gesetzgeber tätig werden müsse, sei noch offen. Zunächst müssten die Verwertungsgesellschaften mit den Geräteherstellern verhandeln. Mit dem Staat habe das Ganze nichts zu tun. Das Geld komme den Künstler und Autoren zu Gute.
Nach dem Urheberrecht sind für Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte sowie für Bild- und Tonträger Abgaben fällig. Diese gehen an die GEMA, die VG Wort und andere Verwertungsgesellschaften, und werden von diesen an die Künstler und Autoren verteilt. Nach dem von der Bundesregierung bereits im Juli vorgelegten Vergütungsbericht sind die Gesamteinnahmen trotz deutlich gestiegener Vervielfältigungen von 1990 bis 1998 von 136 Millionen auf 120 Millionen Mark gefallen.
Däubler-Gmelin bezeichnete Berichte als "Horrormeldungen", denen zufolge Geräte sich bei der Einführung neuer Abgaben um bis zu 30 Prozent verteuern würden. Dies hatte ein Sprecher des Branchenverbandes Bitkom in der "Berliner Zeitung" gesagt. Der Vorstand der VG Wort, Ferdinand Melichar, verwies diese Berechnungen ins Reich der Fabel. Die Anpassung der Vergütung entspreche der geltenden Rechtslage. Die von der VG Wort vertretenen mehr als 100.000 Autoren würden es begrüßen, wenn durch eine Gesetzesänderung auch PC und Drucker unter die Vergütungspflicht fielen.
Derzeit sind für ein Tonaufzeichnungsgerät 2,50 Mark fällig. Bei Geräten zur Bildaufzeichnung sind es 18 Mark. Für einen Bildträger müssen pro Stunde Aufzeichnung 17 Pfennig an die Verwertungsgesellschaft abgeführt werden. Diese Sätze rechtfertigten keine "Tatarenmeldungen", sagte Däubler-Gmelin. Zu der Höhe der neuen Abgaben auf die modernen Geräte wollte sie keine Sätze vorgeben. (axv)