US-Telcos kämpfen weiter gerichtlich gegen Netzneutralität

Mehrere Verbände der Telekommunikations- und Breitbandbranche haben ein US-Berufungsgericht aufgefordert, ihre Klage gegen die Leitlinien fürs offene Internet noch einmal mit der vollständigen Kammer zu prüfen.

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US-Telcos kämpfen weiter gerichtlich gegen Netzneutralität

(Bild: dpa, Ole Spata)

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Die Kläger gegen die US-Auflagen zur Netzneutralität wollen ihre Niederlage vom Juni vor dem zuständigen Berufungsgericht in Washington D.C. nicht akzeptieren. Die beteiligten Netzbetreiber und Verbände haben den US Court of Appeals for the District of Columbia aufgerufen, die Beschwerde gegen die Vorgaben der Federal Communications Commission (FCC) für ein offenes Internet von 2015 mit der kompletten Richterbank neu zu verhandeln. Zuletzt hatten – wie in den USA im Berufungsverfahren üblich – drei Richter die Klagen geprüft und diese mit einem Stimmverhältnis von 2:1 abgewiesen.

Zu den Beschwerdeführern gehören Telecom-Unternehmen wie AT&T, Verizon oder Comcast und mehrere Branchenverbände wie US Telecom, die National Cable & Telecommunications Association (NCTA) und die Cellular Telephone Industries Association (CTIA). Die Industrie unterstütze zwar grundsätzlich und nachdrücklich Prinzipien zur Netzneutralität, begründete US-Telecom-Präsident Walter McCormick den Schritt. Die FCC habe aber einen "verfehlten und verbraucherfeindlichen Ansatz" gewählt.

Die Entscheidung der Regulierungsbehörde setze einen bedenklichen Präzedenzfall, meinen die Kläger: Die FCC spreche sich damit das Recht zu, "mit starker Hand" generell den Zugang zum Internet mit Auflagen zu versehen. Dies stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Supreme Court. Das Berufungsgericht müsse die FCC daher in voller Besetzung auf den rechten Weg zurückführen.

Die Regulierungsbehörde untersagt Providern, legale Inhalte, Anwendungen oder Dienste zu blockieren oder auszubremsen. Zudem dürfen sie keine Mautstellen auf der Datenautobahn errichten, von denen an Internetverkehr gegen Entgelt quasi auf einer Schnellspur bevorzugt weitergeleitet würde. "Angemessenes Netzwerkmanagement" und Spezialdienste werden in engen Grenzen zugelassen.

Der FCC-Vorsitzende Tom Wheeler bezeichnete es als "keine Überraschung, dass die großen Hunde" die Entscheidung in Frage stellten. Er sei zuversichtlich, dass das gesamte Gericht mit dem Urteil des Dreiergremiums konform gehe und die Autorität der Behörde sowie die gewählte Rechtsbasis bestätige. "Die Netzneutralität wird bleiben", unterstrich die US-Bürgerrechtsorganisation Public Knowledge. Es sei höchste Zeit für die Branchengruppen, sich damit abzufinden und den breiten Rückhalt für die Vorschriften zum offenen Internet anzuerkennen.

Die europäischen Telekommunikationsregulierer müssen derweil Überstunden schieben. Von Dienstag an trifft sich das "Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation" (Gerek) in Brüssel, um die letztlich über 500.000 eingegangen Zuschriften zu seiner Konsultation über die Leitlinien zur Netzneutralität auszuwerten. Dabei geht es um die Details etwa für Spezialdienste oder Praktiken wie Zero Rating von Mobilfunkbetreibern, die bis Ende August festgezurrt werden sollen. Die ganze Welt werde den Regulierern auf die Finger schauen, meinen Aktivisten von SaveTheInternet.eu. Es könne sich um eine der wichtigsten Entscheidungen der Gerek überhaupt handeln. (anw)