Autonome Autos: Menschen helfen Robotern

Das Start-up Civil Maps hat eine neue Methode entwickelt, mit der reguläre Fahrzeuge auf der Straße hochgenaue Karten erstellen können – die sich dann wiederum von Robotervehikeln nutzen lassen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Tom Simonite
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Autonome Autos, wie sie derzeit von Google, Uber und großen Automobilherstellern getestet werden, setzen normalerweise auf 3D-Karten, die beispielsweise die Position von Bordsteinen oder Ampeln mit hoher Genauigkeit enthalten. Das Datenmaterial wird üblicherweise zuvor mit Fahrzeugen erfasst, die mit teuren Sensoren ausgestattet sind und die Route abfahren.

Das Start-up Civil Maps hat hierfür nun eine andere Idee: Es will Autos von Otto Normalverbrauchern nutzen, um die 3D-Karten herzustellen. Dabei werden die Sensoren genutzt, die in immer mehr modernen Fahrzeugen stecken. Sie dienen eigentlich zum Betrieb adaptiver Geschwindigkeitsregelanlagen und automatischer Bremssysteme.

Zwar sind diese Sensoren nicht so genau wie die in hoch spezialisierten Kartierungsfahrzeugen. Werden jedoch genügend Daten einer Stelle erfasst – durch mehrere Vorbeifahrer beispielsweise – lassen sich qualitativ hochwertige Karten produzieren, sagt Civil Maps. Gespeichert werden unter anderem Verkehrszeichen, Straßenmarkierungen oder Rüttelschwellen, so Sravan Puttagunta, Chef der jungen Firma. "Ich denke, ab 2017/2018 werden wir viele Autos auf der Straße haben, die die für uns notwendigen Kriterien zur Kartierung erfüllen."

Puttagunta hofft, Autohersteller davon zu überzeugen, ihre Fahrzeuge mit der Civil-Maps-Software auszustatten. Diese kann Daten von Kamerasystemen, Radar und Lidar sammeln und kombinieren, um die gewünschten 3D-Karten zu schaffen. Das Start-up hat ein Auswertungssystem entwickelt, das die verschiedenen Sensordaten zusammenführt und auch mit mehreren Scans eines Objektes umgehen kann. Die geplanten Karten sind zudem nicht statisch, sondern sollten regelmäßig aktualisiert werden. Autohersteller, die mitmachen, dürfen die Daten dann selbst nutzen, sagt Puttagunta.

Seiner Meinung nach ist dieser Ansatz die einzige Methode, wirtschaftlich hochwertige und vor allem aktuelle 3D-Karten zu erhalten – und zwar über ganze Kontinente hinweg. Nur so könnten autonome Autos später unfallfrei überall unterwegs sein.

Fragt sich nur, ob die Fahrzeugproduzenten mit einem Start-up kooperieren wollen. Dass sie Geld in die Hand nehmen können, ist bereits klar – auch zu einer Zusammenarbeit untereinander sind die Konzerne bereit. So haben Audi, BMW und Daimler die Nokia-Kartentochter Here für 3 Milliarden Dollar übernommen. Civil Maps selbst erhielt kürzlich 6,6 Millionen Dollar von Investoren, zu denen auch Ford gehört. Und Ford wiederum kündigte soeben an, in fünf Jahren eine ganze Flotte autonomer Autos auf die Straße zu bringen.

Puttagunta zufolge ist Civil Maps in Gesprächen mit "mehreren" Autoherstellern. Wie nah das Start-up an Vertragsabschlüssen ist, will er nicht kommentieren. Die Firma arbeitet stark mit Methoden aus dem Bereich des maschinellen Lernens. Ihre Technik nutzt die Daten aus den Fahrzeugen, um eine Software so zu trainieren, dass ein autonomes Auto problemlos mit den erfassten Straßenabschnitten umgehen kann. Civil Maps' System "weiß" etwa, dass eine bestimmte Spur nur für Linksabbieger gedacht ist. Es hat auch gelernt, dass manche Spuren der Golden Gate Bridge je nach Tageszeit ihre Richtung ändern.

Reilly Brennan, Exekutivdirektor des "Revs Program" zur Zukunft des Autos an der Stanford University, hält den Ansatz von Civil Maps für sinnvoll. Der rapide Preisverfall bei gleichzeitig besserer Qualität vieler 3D-Sensoren auf dem Markt erlaube eine Durchführung der Idee.

Eine Herausforderung, diesen Crowdsourcing-Ansatz umzusetzen, liegt in der Sicherstellung einer ausreichenden Abdeckung im ganzen Land. Routen, auf denen nicht viele Autos vorbeischauen (oder solche, die teure Sensoren enthalten), würden schlechter abgedeckt und weniger detailreich kartiert.

Puttagunta meint, dass diese Probleme lösbar sind. Die Kosten der Technik gingen so schnell herunter, dass die Sensoren bald nicht mehr nur in höherpreisigen Autos verbaut sind. (bsc)