Apple-Chef: EU-Steuernachforderung "politischer Scheiß"

Die EU wolle Steuern, die eigentlich in den USA bezahlt werden müssen, nach Europa verlagern, erklärte Apple-Chef Tim Cook. Die EU-Wettbewerbskommissarin wies die Kritik zurück.

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Apple-Chef Tim Cook

(Bild: dpa, Robin Van Lonkhuijsen)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Leo Becker
  • mit Material der dpa
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Apple-Chef Tim Cook hat der EU-Kommission in scharfen Worten vorgeworfen, hinter der Steuernachforderung von potenziell mehr als 13 Milliarden Dollar stecke eine politische Agenda. Brüssel wolle Steuern, die eigentlich in den USA bezahlt werden müssen, nach Europa verlagern, erklärte Cook in einem Interview der irischen Zeitung Independent.

Die Kritik von Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager, eine Apple-Tochterfirma habe in Irland im Jahr 2014 eine Körperschaftssteuer von nur 0,005 Prozent bezahlt bezeichnete Cook als "politischen Scheiß". Niemand habe "irgendwas falsch gemacht". "Ich weiß nicht, wo sie diese Zahl herhaben", erklärte Cook. Apple habe in dem Jahr 400 Millionen Dollar Steuern in dem Land bezahlt. "Wir glauben, dass wir damit der größte Steuerzahler in Irland in diesem Jahr waren." Apple hatte zuvor schon betont, wohl der größte Steuerzahler der Welt zu sein.

Cook schloss sich der Kritik von US-Finanzminister Jack Lew an, die Europäer hätten es auf Steuerzahlungen abgesehen, die dem US-Fiskus zustünden. "Ich denke, genau das ist es. Ich denke, das ist ein Versuch, Steuern, die in den USA bezahlt werden sollten, in die EU zu verlagern." Er vermute auch, dass Apple angesichts anti-amerikanischer Stimmungen in Europa gezielt ins Visier genommen worden sei, sagte Cook. "Ich bin überzeugt, dass es eine politisch motivierte Entscheidung war. Für sie gibt es keine Grundlage in Fakten oder Recht."

Die EU-Wettbewerbskommissarin hat Cooks Kritik deutlich zurückgewiesen: Es handele sich nicht um eine politische Entscheidung, entgegnete sie am Donnerstag auf die Vorwürfe. "Diese Entscheidung stützt sich auf die Fakten des Falls", so die Kommissarin – der Ball liege nun bei Apple und Irland. Zur Überprüfung der Entscheidung der Kommission gebe es Gerichte. "Die wollen die Fakten und natürlich müssen wir diese präsentieren".

Die EU-Wettbewerbshüter hatten diese Woche die Steuervereinbarungen von Apple in Irland für unzulässige Beihilfen erklärt und eine Nachzahlung angeordnet. Sie warfen dem iPhone-Konzern auch vor, "Verwaltungssitze", denen Gewinne zugeordnet worden seien, hätten nur auf Papier existiert.

In Europa stieß das Vorgehen der Kommission auf breite Zustimmung aus fast allen politischen Lagern – außer bei Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU). "Überzogene Forderungen bei gleichzeitigem Abbruch der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP werden die Handelsbeziehungen massiv belasten", sagte Söder der Süddeutschen Zeitung. "Wir brauchen faire Steuerregeln, aber keinen Handelskrieg."

Auch die SPD-Fraktion im bayerischen Landtag reagierte umgehend mit harscher Kritik, jedoch gegen Söder gerichtet. "Was fällt denn Söder ein, Steuern auf Gewinne, die Apple hier bei uns macht, einfach herzuschenken? Geht's noch?", polterte der finanzpolitische Sprecher, Harald Güller, in München. Es sei eine bodenlose Ungerechtigkeit, dass Konzerne wie Apple sich bislang mit Tricksereien um ihre Steuerpflicht drücken konnten. "Und jetzt, wo wir sie endlich zur Kasse bitten könnten, hat Söder Mitleid mit den armen Milliardären?"

Aus dem Bundesfinanzministerium hieß es, dass auf den ersten Blick nicht davon auszugehen sei, dass sich durch die Nachforderungen irgendwelche Auswirkungen auf Deutschland ergeben könnten. "Die zuständigen deutschen Behörden prüfen jetzt die Auswirkungen der Entscheidung der EU-Kommission", so ein Sprecher in Berlin. In der Vergangenheit habe es bei vergleichbaren Fällen auch keine Auswirkungen auf Deutschland ergeben. In München ist der Sitz der Apple-Vertriebsgesellschaft in Deutschland. Diese ist nach Angaben des Bundesfinanzministeriums auch nach geltendem Recht besteuert worden.

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(lbe)