Ericsson gibt komplette Handy-Produktion ab

Angesichts tiefroter Zahlen bei der Handy-Sparte gibt der schwedische Telekommunikationsausrüster die Handy-Produktion an ein US-Unternehmen ab.

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Von
  • Jürgen Kuri

Der schwedische Telekommunikationskonzern Ericsson gibt die komplette Produktion von Mobiltelefonen an das US-Unternehmen Flextronics ab. Das teilte Ericsson bei der Veröffentlichung der Jahresbilanz am heutigen Freitag in Stockholm mit. Flextronics ist bislang als Anbieter in der Öffentlichkeit nicht besonders in Erscheinung getreten, das Unternehmen operierte vor allem als Dienstleister für Produktion und Distribution in der Computer- und Unterhaltungselektronikbranche. Unter anderem arbeitet Microsoft mit Flextronics bei der Produktion der Spielkonsole Xbox zusammen. Vor etwa einem Jahr übernahm Flextronics auch die Paderborner Fertigung von Fujitsu-Siemens.

Der Grund für Ericssons Schritt ist schnell gefunden: Die Schweden sind mit ihrer Handy-Sparte tief in den roten Zahlen. Im Geschäftsjahr 2000 erwirtschafteten sie mit Handys ein Minus von 1,9 Milliarden Euro. Diese hohen Verluste waren erwartet worden, Beobachter gingen schon im Vorfeld der Vorstellung des Geschäftsberichts davon aus, dass Ericsson daraus Konsequenzen ziehen werde. Jan Wäreby, Chef der Consumer Products Division, erklärte aber bei der Bekanntgabe der Vereinbarung, Ericsson wolle "ein Top Player bei Mobiltelefonen" bleiben. Ericsson will sich aber auf Forschung und Entwicklung, Design und Vertrieb konzentrieren, während Flextronics die komplette Produktion zuliefert.

Von 16.800 Beschäftigten in Ericssons Sparte für Consumer-Produkte sollen 7.000 übrig bleiben. 4.200 der bisherigen Mitarbeiter werden von Flextronics übernommen. Ericsson war bis zum vergangenen Jahr weltweit drittgrößter Produzent von Mobiltelefonen hinter dem finnischen Nokia-Konzern und Motorola in den USA, hatte aber zunehmend Marktanteile verloren. Siemens beispielsweise konnte Ericsson mit neuen Handys einige Marktanteile abnehmen und war den Schweden hart auf den Fersen.

Insgesamt stieg der Gewinn des größten schwedischen Industrieunternehmens von 1,8 auf 3,22 Milliarden Euro. Der Umsatz wurde um 27 Prozent auf 30,74 Milliarden Euro gesteigert. Positiv habe sich das gesamte Geschäft mit Infrastruktur-Geräten für die Mobil-Netze entwickelt, hieß es in Stockholm. In diesem Bereich ist Ericsson traditionell stark und kann auch schon bei den geplanten UMTS-Netzen einige Aufträge verbuchen.

Bei den Zukunftsprognosen für Mobiltelefone schraubte Ericsson bisherige Wachstumserwartungen leicht zurück. Zuvor war schon Nokia, unangefochtener Marktführer bei den Mobiltelefonen, von der Börse abgestraft worden, weil der finnische Konzern die eigenen Vorhersagen über den Handy-Absatz nicht ganz einhalten konnte. Und Motorola, zumindest in den USA führender Hersteller von Handys, musste schon einen rigiden Schrumpfungskurs einleiten – unter anderem, weil der Gewinn im Handy-Bereich und um 69 Prozent gefallen war. (jk)