Startups fordern Steuerprivilegien
Der Verband der "Net Economy" E-nef drängt trotz der Börsenmisere für Startup-Mitarbeiter bei der Ausübung von Aktienoptionen weiter auf die Freistellung von der Steuerpflicht.
Die Mitglieder des im Sommer letzten Jahres gegründeten European Net Economy Forum (E-nef) sind optimistisch: Ihrer Meinung nach bleibt die Beteiligung von Mitarbeitern an Unternehmen durch Aktienoptionen trotz der momentanen Börseneiszeit ein attraktives Mittel, um Personal an Startups zu binden. Sie fordern daher, dass bei jungen Aktiengesellschaften vor dem eigentlichen Börsengang Steuerfreiheit im Umgang mit Stock Options gewährt wird.
Stein des Anstoßes für die E-nef-Firmen, zu denen unter anderem Abea, Dooyoo, Idealo, Questico, Sevenval, Yellout und Zooplus gehören: Nach geltendem Recht werden Aktienoptionen bei Mitarbeitern von nicht börsennotierten Unternehmen genauso behandelt wie die von etablierten Börsenriesen. Möchte ein Angestellter die Option ausüben, kassiert das Finanzamt 53 Prozent Steuern auf den Kursgewinn. "Diese Besteuerung nach dem Motto 'man nehme bei allen gleichviel weg' ist zum einen höchst ungerecht und behindert zudem die deutschen Internet-Startups bei der Anwerbung von dringend gebrauchten IT-Spezialisten", ärgert sich Robert Berengeno, der frisch gekürte neue Geschäftsführer des Verbunds.
Das bisherige Verfahren macht dem Kölner Juristen zufolge nur dann Sinn, wenn Aktienoptionen gleichsam eine Gehaltszahlung darstellen. Wie die Pleitegeschichten der vergangenen Wochen aber gezeigt haben, können sich Startup-Mitarbeiter aber keineswegs sicher sein, dass sie ihre Optionen gewinnbringend realisieren können. Stock Options vergleichen die Startups in ihrer Branche daher eher mit einem "ungewissen Investment" eines Mitarbeiters als mit einer mehr oder weniger garantierten Gehaltszahlung. Die Wertsteigerung eines Investments sei aber nach Ablauf der Spekulationsfrist grundsätzlich steuerfrei.
Dieses Privileg beansprucht E-nef daher auch für Firmenneugründungen. Ein solcher Schritt sei "dringend notwendig", um die deutschen Durchstarter "im internationalen Ringen um die dringend benötigten IT-Fachleute wieder wettbewerbsfähig zu machen", sind sich die Mitglieder des Forums einig, das sich als "erste Vereinigung bundesweiter Startups aus der Net Economy" sieht. Knatsch gab es daher kurz nach der Gründung vor allem mit dem Silicon City Club, den die Macher von Alando/Ebay.de und Datango bereits 1999 ins Leben gerufen hatten, und der inzwischen auch bundesweit agiert. Der Streit sei inzwischen allerdings beigelegt, sagt Daphne Rauch, Sprecherin des Entscheidungsportals Dooyoo, dessen Geschäftsführer Felix Frohn-Bernau sich bei E-nef stark engagiert: "Jeder spricht wieder mit jedem."
Der lange Streit um Startups und Steuern – im November hatte der damalige Vorstandssprecher der Deutschen Ausgleichsbank, Eckart von Reden, sogar pauschal "fünf Jahre Steuerfreiheit für jeden Gründer" gefordert – hat inzwischen auch die große Politik erreicht. Die neue, aus den Reihen der Bündnisgrünen kommende Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Margareta Wolf, hatte sich Anfang der Woche dafür ausgesprochen, Aktienoptionen generell nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist steuerfrei zu stellen. Am Herzen liegen ihr dabei aber natürlich besonders die Startups, die längst starken Lobbydruck machen. Bei ihnen sieht die Staatssekretärin eine neue Beteiligungskultur für Mitarbeiter am Entstehen.
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will von den Plänen des Wirtschaftsministeriums allerdings nichts wissen. Er betonte Mitte der Woche erst wieder, dass es keine Veranlassung zu einer Reform in diesem Bereich gebe. Die E-nef-Mitglieder werfen ihm nun vor, dass er sich mit seiner "starren Haltung ungemein hemmend auf das Wachstum der Net Economy in Deutschland" auswirke.
Ironisch ist an der ganzen Diskussion, dass sie gerade in einer Zeit auflebt, in der Startup-Mitarbeiter angesichts ins Bodenlose gesunkener Bewertungen von Firmen der New Economy auf Aktienoptionen pfeifen und lieber mehr Festgehalt als Fantasiegeld mit nach Hause nehmen. Doch "man muss ja weiter in die Zukunft denken", lautet die Losung von Dooyoo-Sprecherin Rauch. (Stefan Krempl) / (jk)