Internationale Expansion soll T-Aktie beflĂĽgeln
Experten sind sich nicht sicher, ob der Tiefpunkt für die T-Aktie bereits erreicht ist. Telekom-Chef Sommer hält mit Plänen für internationale Expansion dagegen.
Für den Absturz der T-Aktie hat Ron Sommer eine schnelle Erklärung parat: Die gigantische Internet-Euphorie habe zum Jahresanfang an der Börse eine Luftblase erzeugt, meint der Vorstandschef der Deutschen Telekom. Die sei geplatzt und habe die gesamte Branche mit in die Tiefe gerissen. Zwischen April und Oktober büßte der Telefonriese an der Börse rund zwei Drittel seines Wertes ein. Auch wenn der Kurs der T-Aktie in den vergangenen Tagen wieder anzog, sind sich Experten nicht sicher, ob der Tiefpunkt erreicht ist.
"Der schnelle Ausgang der UMTS-Auktion in Italien hat sich positiv auf den Kurs ausgewirkt, obwohl die Telekom gar nicht dabei war", meint Werner Stäblein, Telekom-Analyst der Frankfurter BHF-Bank. Tatsächlich hatten die enormen Kosten für den Erwerb der Lizenzen der künftigen Mobilfunkgeneration in Großbritannien (75 Milliarden Mark) und Deutschland (100 Milliarden Mark) den Kursverfall der Telekom-Werte beschleunigt. In Italien beliefen sie sich dagegen nur auf ein Viertel der deutschen UMTS-Kosten – eine gute Nachricht für Börsianer.
Nach Einschätzung von Frank Rothauge, Analyst bei der Privatbank Sal. Oppenheim, müssen sich die T-Aktionäre für die nächste Zeit auf ein Niveau zwischen 42 und 48 Euro einstellen. Den bisherigen Tiefpunkt von 35 Euro hält er für eine Übertreibung nach unten. Das jetzt erreichte Kursniveau kann jene Anleger aber kaum erfreuen, die im Juni im Rahmen des dritten Börsengangs T-Aktien zugeteilt bekamen. Hierfür hatten sie nämlich 63,50 Euro zahlen müssen, rund 20 Euro mehr, als die T-Aktie heute wert ist.
Es gebe derzeit keine Nachrichten, die den Kurs anheben könnten, glaubt Rothauge. Das gelte auch für die neuen Quartalszahlen, die die Telekom an diesem Dienstag veröffentlichen wird. Im ersten Halbjahr 2000 hatte das Unternehmen seinen Umsatz unter anderem durch Zukäufe um 15 Prozent auf 19,3 Milliarden Euro gesteigert. Der Überschuss lag dagegen auf vergleichbarer Basis um 26 Prozent unter dem Vorjahreswert. Negativ auf das Ergebnis würden sich auch die Pläne der Telekom auswirken, zusätzliche Beträge abzuschreiben, betonen Analysten.
Wenn das Zahlenwerk des Unternehmens schon nicht glänzt, dann soll es wenigstens der weitere Ausbau des internationalen Geschäfts tun: So schwindet in den USA der Widerstand gegen die Übernahme des Mobilfunkbetreibers VoiceStream durch den Bonner Konzern. Nachdem das US-Justizministerium vor einigen Wochen bereits grünes Licht für die Akquisition gab, verzichtete das US-Repräsentantenhaus am Wochenende auf die Verabschiedung einer gesetzlichen Vorschrift, die den Erwerb unmöglich gemacht hätte.
Wegen des hohen Bundesanteils an der Telekom (rund 58 Prozent) hatten einige US-Senatoren gegen die Übernahme opponiert. Jetzt stehen noch die Genehmigungen der Telekommunikationsbehörde FCC und des Komitees für ausländische Investitionen aus. Bis Mitte kommenden Jahres soll der Zukauf perfekt und damit der Einstieg in den US- Telekommunikationsmarkt geschafft sein. Beobachter zweifeln nicht mehr daran, dass der VoiceStream-Kauf im Wert von mehr als 100 Milliarden Mark glatt über die Bühne geht.
Am vergangenen Freitag kündigte Sommer mit der Unterzeichnung einer Absichtserklärung außerdem eine "weit reichende Zusammenarbeit" mit der China Telecom (Peking) an. Inhalt: eine langfristige Kooperation, die gemeinsame Geschäftsmöglichkeiten im Rahmen einer strategischen Partnerschaft entwickeln soll. Doch zur Kurspflege hat dies nicht beigetragen, die Übereinkunft bleibt vage.
Konkreter könnte es da schon mit einer möglichen Beteiligung der Telekom an einem schweizerischen Mobilfunkbetreiber werden. Dort beginnt Mitte November die Versteigerung der UMTS-Lizenzen. In der Branche gilt dabei ein Einstieg der Telekom bei der Swisscom-Tochter Mobile Com oder bei dem Anbieter Diax als möglich. Aber auch der Konkurrent Vodafone AirTouch soll angeblich mit der Swisscom um ein Minderheitspaket von bis zu 25 Prozent verhandeln. (Peter Lessmann, dpa) (jk)