Meinung: Das immer gleiche Spiel

Schon wieder wehrt sich die deutsche Autoindustrie mit Händen und Füßen gegen Umweltauflagen – diesmal gegen den Rußfilter für Benziner. Einen Gefallen tut sie sich damit höchstens kurzfristig, kommentiert TR-Redakteur Karsten Schäfer.

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  • Karsten Schäfer
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Die Autolobby bringt sich in Stellung. Wieder einmal. Denn im nächsten Jahr tritt die Abgasnorm Euro 6c für neue Typenzulassungen in Kraft. Ab 2018 soll sie für alle Neufahrzeuge mit Benzinmotor gelten. Euro 6c begrenzt die Anzahl der von Ottomotoren ausgestoßenen krebserregenden Rußpartikel. Was viele nicht wissen: Sparsame Benzin-Direkteinspritzer stoßen bis zu zehnmal mehr dieser Partikel aus als Dieselmotoren mit Filter. Denn durch die Direkteinspritzung ist die Zeit zu kurz, um ein gleichmäßiges Kraftstoffgemisch zu bilden. Dadurch entstehen winzige Benzintropfen, die nicht komplett verbrennen und als Rußpartikel in die Umwelt gelangen. Das ist dank einer Ausnahmeregelung für Ottomotoren auch völlig legal.

Der Rußausstoß ließe sich beim Ottomotor natürlich genauso einfach verringern wie beim Diesel. Der französische Automobilzulieferer Faurecia hat schon im Juni 2015 den ersten Partikelfilter für Ottomotoren vorgestellt. Der PSA-Konzern hat angekündigt, den Filter noch in diesem Jahr bei Citroën und Peugeot einzuführen. Doch die deutsche Autoindustrie will mal wieder nicht. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung sind die Lobbyisten der Autohersteller in Brüssel schon aktiv. Sie wollen die ursprünglich nur für fünf Jahre geltende Ausnahmeregelung um "mindestens ein Jahr verlängern und die Prüfbedingungen aufweichen". Und das wegen eines Filters, der laut Experten zwischen 40 und 130 Euro kostet.

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Damit wiederholt sich das immer gleiche Spiel des Ausbremsens. Schon vor über 30 Jahren leistete die deutsche Autoindustrie erheblichen Widerstand gegen die Einführung des Katalysators, obwohl der in den USA längst Pflicht war. Vor 15 Jahren wehrten sich die deutschen Autohersteller dann vehement gegen den Dieselpartikelfilter – bis der PSA-Konzern ihn schließlich serienmäßig in Modelle von Peugeot und Citroën einbaute.

Auch den Hybridantrieb haben die deutschen Hersteller erst lange Zeit verspottet und dann verschlafen. Bis auf wenige Versuchsfahrzeuge von Audi, BMW und Volkswagen kam aus Deutschland lange Zeit nichts. Erst als sich die Erkenntnis durchsetzte, dass die immer strengeren Abgasvorschriften aus Brüssel trotz ständigem Lobbyismus nicht ewig aufschiebbar und mit der bestehenden Technik nicht einzuhalten waren, setzten auch die deutschen Hersteller auf Hybride. Doch da war es längst zu spät. Der Vorsprung der Japaner, allen voran von Toyota mit seinem Prius, war nicht mehr einzuholen. Als die deutschen Hybridautos endlich auf den Markt kamen, waren sie zu teuer und der Verbrauchsvorteil war zu gering.

Auch den reinen Elektroantrieb nahm man im Land von Rudolf Diesel und Nicolaus Otto lange nicht für voll. Erst als die Verkäufe des Tesla Model S die deutschen Hersteller in der Oberklasse spürbar Marktanteile kosteten, begann auch in der deutschen Autoindustrie ein Umdenken. Plötzlich überbot man sich mit Konzeptstudien sogenannter "Tesla-Fighter". Auf dem Markt ist noch keiner. Und die wenigen deutschen Elektroautos, die es zu kaufen gibt, sind Ladenhüter.

Das ständige Ausbremsen umweltfreundlicher Antriebe könnte sich nun bitter rächen. Die chinesische Regierung plant nach Informationen der Süddeutschen Zeitung schon ab 2018 eine Quote von zwei Prozent für Elektroautos oder vier Prozent für Plug-in-Hybride einzuführen. Volkswagen etwa müsste für seine heute drei Millionen in China verkauften Autos 60.000 Elektrofahrzeuge oder 120.000 Plug-in-Hybride losschlagen. Da dies kaum zu schaffen ist, hofft die deutsche Autoindustrie in altbewährter Manier auf die Politik. Doch was in Brüssel vielleicht noch funktioniert, dürfte in Peking kaum fruchten. Der Einfluss der deutschen Regierung ist in China sehr begrenzt.

Für den Umweltschutz ist es egal, wenn eine nachhaltige Mobilität den Umweg über China nehmen muss. Hauptsache sie kommt. Für die deutsche Autoindustrie ist es blamabel.

Karsten schäfer, TR-Redakteur, wundert sich, dass die deutsche Autoindustrie nicht dazulernt.

(jle)