Wie lange hält der Eisschild?

Erstmals haben Forscher den Eisschild in der Mitte Grönlands durchbohrt und Gesteinsproben genommen. Wie sie feststellten, scheint das Eis weniger stabil zu sein als bislang gedacht.

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Von
  • Michael Reilly

Um sieben Meter würde der globale Meeresspiegel ansteigen, wenn der Eisschild von Grönland schmelzen würde. Wie ein historischer Artikel in der Fachzeitschrift Nature jetzt zeigt, ist die Gefahr dafür deutlich größer als bislang angenommen. Das Ergebnis basiert auf Analysen an dem ersten Stück Felsgestein, das jemals von unterhalb der größten Eisablagerung in der nördlichen Hemisphäre herausgebohrt wurde.

Wissenschaftler um Jörg Schäfer von der Columbia University untersuchten die Isotope in der Steinprobe aus Grönland, woran sich erkennen lässt, wie lange sie nicht von Eis bedeckt war. Bislang ging man davon aus, dass der Eisschild mindestens seit 1,4 Millionen Jahren stabil war, vielleicht sogar noch viel länger. Die neue Studie zeigt jedoch, dass der Teil von Grönland, aus dem die Probe stammt, in dieser Zeit mindestens 280.000 Jahre lang eisfrei gewesen sein muss. Damit das sein kann, müsste der Eisschild laut den Modellen dafür zwischenzeitlich auf weniger als 10 Prozent seiner derzeitigen Größe geschrumpft sein.

"Wir müssen darauf vorbereitet sein, dass dieses Eisschild erneut verschwindet, und zwar bald", sagte Schäfer laut einer Pressemitteilung auf der Website der Columbia University. Weil die Menschheit weiterhin Treibhausgase in die Atmosphäre emittiere, so Schaefer, "haben wir uns bereits auf deutlich steigende Meeresspiegel festgelegt – weitaus höher als nach den meisten Prognosen".

Das soll nicht heißen, dass morgen eine Katastrophe ausbricht – einige Jahrhundert bis Jahrtausende würde es schon dauern, bis derart viel Eis schmilzt. Anlass zur Sorge aber gibt, dass Grönland rund 25 Prozent zu den drei Millimetern beiträgt, um die der globale Meeresspiegel derzeit pro Jahr ansteigt. Dieser Beitrag und der Gesamtanstieg könnten rasch sprunghaft zunehmen, wenn anhaltende Erderwärmung für ein beschleunigtes Abschmelzen sorgt.

Die Untersuchung von Grönlands Gesteinsprobe liefert gute Gründe für die Annahme, dass es dazu kommen könnte. Bereits heute bergen steigende Meeresspiegel und Überflutungen die Gefahr, die Immobilienmärkte in Küstenregionen zu ruinieren. Es könnte also weitaus mehr als nur Eis in den Ozean fallen.

(sma)