Österreichs Regulierer will Preselection und Call by Call abschaffen

Ex-Monopolist A1 soll die Betreibervorauswahl nicht mehr anbieten müssen. Die österreichische Regulierungsbehörde begründet das mit "ausreichendem Wettbewerb". Die Dienste werden noch von etwa 311.000 Festnetz-Kunden genutzt.

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Österreichs Regulierer will Preselection und Call by Call abschaffen

Blick auf die Gosauseen im oberösterreichischen Teil des Salzkammerguts.

(Bild: Tigerente CC BY-SA 3.0)

Lesezeit: 3 Min.

Festnetzkunden von A1 (Telekom Austria) können in absehbarer Zeit vielleicht nicht mehr durch die Auswahl eines anderen Verbindungsnetzbetreibers sparen. Derzeit muss A1 ihren Festnetzkunden ermöglichen, über eine dauerhafte Voreinstellung (Carrier Preselection) oder durch eine Vorwahl vor jedem einzelnen Gespräch (Call by Call) über einen Mitbewerber zu telefonieren. Diese bieten oft niedrigere Tarife. Doch nun möchte die österreichische Regulierungsbehörde Telecom-Control-Kommmission (TKK) A1 von dieser Pflicht befreien.

Call by Call ist schon lange nur noch ein Groschengeschäft.

Entsprechende Beschlussentwürfe hat die TKK am Donnerstag veröffentlicht. Im Rahmen einer öffentlichen Konsultation hat bis Ende Jänner jedermann Gelegenheit, der Behörde dazu seine Meinung zu sagen. Sollte die Behörde danach bei ihrer Meinung bleiben, muss sie die Maßnahme noch mit ihren EU-Kollegen besprechen. Einige Monate lang wird es Preselection und Call by Call also sicher noch geben. Danach stünde es A1 frei, diese Dienste auf freiwilliger Basis weiter anzubieten.

"Wir haben derzeit ausreichend Wettbewerb", meint Johannes Gungl, Geschäftsführer der Rundfunk & Telekom Regulierungs-GmbH (RTR). Die RTR fungiert unter anderem als Geschäftsstelle der TKK. Es gäbe in Österreich viele Anbieter und günstige Preise: "Daher kann die Regulierung zurückgefahren werden."

Ein von der TKK in Auftrag gegebenes Gutachten hat ergeben, dass das Festnetz in Österreich nur noch geringe Bedeutung hat. Mehr als 85 Prozent aller klassischen Telefonieminuten werden über Mobilfunknetze abgeführt. Darüber hinaus wird natürlich auch mit diversen Diensten über das Internet ferngesprochen.

Die Zahl der Festnetztelefonanschlüsse ist auf etwa 2,6 Millionen gefallen, wovon der Löwenanteil auf A1 entfällt. Davon befinden sich gut 600.000 in Unternehmen, der Rest in Privathaushalten. Überraschend hoch ist aber der Anteil jener Kunden, die Carrier Preselection (33.500) oder Call by Call nutzen (zirka 280.000, jeweils Stand 1. Quartal 2016). Zum Vergleich: 2003 gab es demnach in Österreich über eine Million Endkunden mit Call-by-Call, und etwa 560.000 Endkunden mit Preselection.

2012 zeigte die koreanische Firma Moimstone eine Kombination aus Android-Tablet und Festnetztelefon.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Wenig überraschend sind die alternativen Netzbetreiber Tele2, Finarea, Colt, Verizon, Hutchison und 3U, sowie deren Dachverband VAT, gegen die Abschaffung von Carrier Preselection und Call by Call. Sie messen diesen Dienste weiterhin Bedeutung für den Wettbewerb am österreichischen Festnetzmarkt bei. Und ein von Tele2 in Auftrag gegebenen Gutachten hat errechnet, dass diese Dienste trotz rückläufiger Nutzung den österreichischen Endkunden noch immer 21 Millionen Euro pro Jahr sparen.

Die TKK kann dieser Berechnung nicht viel abgewinnen, zumal in vielen heute angebotenen Mobilfunkverträgen meist große Minutenkontingente enthalten sind. Und bereits Anfang 2015 war der Anteil jener Privathaushalte, die ausschließlich das Festnetz nutzten, auf unter drei Prozent gefallen. Ihnen standen rund 60 Prozent der Privathaushalte gegenüber, die gar kein Festnetztelefon (mehr) haben und ausschließlich mobil telefonieren.

Die TKK fühlt sich auch in guter Gesellschaft: "Mit Oktober 2016 haben elf Europäische Länder den jeweiligen Markt für Festnetzoriginierung dereguliert; dabei handelt es sich um Bulgarien, Zypern, Tschechien, Estland, Finnland, Lettland, Malta, Norwegen (ab 1.1.2017), Rumänien, [die] Slowakei und Slowenien", schreibt die Behörde. (ds)