Doppelbelastung

Stickoxidvergleich Pkw und Lkw

In einer neuen Studie kommt der ICCT zu dem Schluss, dass aktuelle Pkws auf der Straße mehr NOx ausstoßen als Lkws. Dabei geht es um gewaltige Dimensionen: Bei einem Renault wurden 1500 mg/km gemessen, bei einem Mercedes Actros nur 159 mg/km

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In einer neuen Studie kommt der ICCT zu dem Schluss, dass aktuelle Pkws auf der Straße mehr NOx ausstoßen als Lkws.

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Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Die Stickoxidemissionen von Pkws mit Dieselmotor sind mehr als zweimal so hoch wie die von Lastkraftwagen. Das ergibt eine Analyse des International Council on Clean Transportation (ICCT). Damit bestätigt die Forschungsorganisation einen Verdacht, der spätestens seit dem Dieselgate im Raum steht, bisher aber nicht mit Messdaten belegt werden konnte. Wie immer lohnt es sich, die Details der Untersuchung zu lesen, um zu verstehen, was genau verglichen wurde.

Hohe Werte auf der Straße

Basis des durchschnittlichen Stickoxid-Ausstoßes der Pkw sind die bekannten Ergebnisse des Kraftfahrtbundesamtes (KBA). Alle getesteten Autos erfüllen auf dem Prüfstand – gemäß den Rahmenbedingungen des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) – den für Selbstzünder gültigen Euro 6-Grenzwert von 80 Milligramm pro Kilometer. Die Straßenmessungen mit einem Portable Emissions Measurement System (PEMS) ergaben aber im Schnitt Werte von 500 mg/km.

Auffällig bei den KBA-Messungen war die hohe Bandbreite der Werte. So fiel der Renault Kadjar mit rund 1500 mg/km sehr negativ auf, und auch die Dieselvarianten des Opel Zafira (über 900 mg/km) oder des Porsche Macan (über 800 mg/km) zeigten im Realbetrieb eine schwache Reinigungsleistung. Andere Autos wie der BMW 530d oder der VW Passat 2.0 TDI zogen den Durchschnittswert nach unten – einmal mehr wird offensichtlich, dass der Konflikt aus sauberer Atemluft einerseits und Kosten für die Abgasnachbehandlung andererseits sehr unterschiedlich gelöst wurde.

Mercedes Actros mit 159 mg/km

Die Messwerte der 24 zum Vergleich herangezogenen Nutzfahrzeuge (Lkw und Busse) stammen vom Technischen Forschungszentrum Finnland (VTT) sowie vom KBA. Das KBA bekommt die Daten durch „in-service conformity“-Erhebungen. Ein konkretes Beispiel: Ein Mercedes Actros 1842 Bluetec 6 mit 420 PS fuhr auf öffentlichen Straßen eine 187 Kilometer lange Strecke. Das Gesamtgewicht während dieser Tour betrug 28 Tonnen. Pro Kilometer kamen 159 mg NOx aus dem Auspuff; der Durchschnitt aller getesteten Nutzfahrzeuge lag bei 210 mg/km.

Schwere Nutzfahrzeuge können also sogar im absoluten Vergleich einen Vorteil haben – im Verhältnis zur Transportarbeit sowieso. Die Ursache dafür sieht der ICCT in den erheblich strengeren gesetzlichen Auflagen für Lkws und Busse. So sieht die Euro VI (also römisch sechs, nicht zu verwechseln mit der arabischen Ziffer bei der Euro 6 für Pkw) seit 2014 ein „PEMS testing program“ vor, also eine verpflichtende Straßenmessung im so genannten Real Driving Emissions (RDE).