"Kill-Schalter": EU-Parlament drängt auf klare Haftungsregeln für Roboter

Die EU-Abgeordneten fordern einheitliche Vorschriften für intelligente Maschinen und Systeme, um ethische Normen und Sicherheitsstandards durchzusetzen. Bei autonomen Autos soll ein Fonds Opfer entschädigen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 52 Kommentare lesen
Robotik

(Bild: dpa, Wolfram Kastl)

Lesezeit: 3 Min.

Das EU-Parlament hat am Donnerstag eine Resolution mit 396 zu 123 Stimmen bei 85 Enthaltungen angenommen, mit dem es klarere zivilrechtliche Regeln in den Bereichen Robotik und Künstliche Intelligenz (KI) verlangt und dafür einen Rahmen setzt. Mit dem verabschiedeten Bericht geht es den Abgeordneten vor allem um Haftungsregeln für intelligente Systeme, wobei sie hauptsächlich selbstfahrende Autos im Blick haben. So fordern sie etwa eine Pflichtversicherung und einen Zusatzfonds. Letzterer soll gewährleisten, dass Opfer von Unfällen mit autonomen Fahrzeugen vollständig entschädigt werden können.

An die EU-Kommission richtet sich auch der Appell, langfristig einen speziellen rechtlichen Status für Roboter etwa in Form einer "elektronischen Person" zu schaffen. Ein solcher soll helfen zu klären, wer im Schadensfall haftet. Die Kommission soll auch Kriterien für eine "eigene geistige Schöpfung" für urheberrechtlich schützbare Werke ausarbeiten, die von Computern oder Robotern erzeugt werden.

Die Abgeordneten skizzieren im Anhang zu der Entschließung in Form einer Charta einen Verhaltenskodex für Ingenieure und Forscher sowie Musterlizenzen für Konstrukteure und Nutzer, den sie dem gewünschten ethischen und rechtlichen Rahmen für Roboter zugrunde legen wollen. Entwickler sollen demnach in das Maschinendesign "offensichtliche Ausklinkmechanismen" in Form eines "Kill-" beziehungsweise Notausschalters integrieren.

Den Grundsatz von Datenschutz durch Technik und den Respekt vor der Menschenwürde als oberste Richtschnur haben die Volksvertreter ebenfalls mit verankert. Mögliche Schäden sollen durch vorausschauende Produktentwicklung von vornherein vermieden werden, Roboter etwa möglichst wenig persönliche Informationen von Personen in ihrer Umgebung erfassen.

Ein Teil der Arbeiten, die heute von Menschen erledigt werden, könnten in Zukunft von Robotern übernommen werden. Die Kommission soll daher genauer analysieren, auf welchen Gebieten Jobs geschaffen werden oder verlorengehen. Gestrichen hat das Plenum eine Forderung des federführenden Rechtsausschusses, wonach alle Mitgliedsstaaten angesichts der möglichen enormen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt ein "allgemeines Grundeinkommen ernsthaft in Erwägung" ziehen und die Tragfähigkeit ihrer Sozialversicherungssysteme hätten prüfen müssen. Auch von einer Steuer auf die von Robotern erbrachte Leistung oder eine Gebühr für die Nutzung und Instandhaltung der Maschinen ist keine Rede mehr.

Die Kommission soll prüfen, ob eine eigene EU-Agentur für Robotik und KI nötig ist, um den Regulierungsbehörden das erforderliche technische und ethische Fachwissen an die Hand zu geben. Die luxemburgische Sozialdemokratin Mady Delvaux zeigte sich als Verfasserin des ursprünglichen Berichts enttäuscht, dass die Mitte-Rechts-Koalition es abgelehnt habe, die potenziellen negativen Effekte auf den Beschäftigungsbereich stärker zu thematisieren. So blieben die Sorgen vieler Bürger unberücksichtigt. (axk)