Indische IT-Branche kämpft um US-Visa

Eine indische Delegation trifft in Washington hochrangige US-Politiker. Ziel ist, eine Stutzung der temporären Visa für Hochqualifizierte zu verhindern. Die Visa-Quote ist schon jetzt mehrfach überzeichnet.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 40 Kommentare lesen
Stempel in einem Reisepass

Symbolfoto

(Bild: Michael Grabois CC BY-SA 2.0)

Lesezeit: 4 Min.

Vage Ankündigungen einer Visa-Reform von US-Präsident Donald J. Trump und drei Gesetzesanträge im US-Parlament verunsichern die indische IT-Branche. Sie hat daher eine Delegation unter Führung eines Ex-Ministers nach Washington, DC, gesandt. Sie will dort gute Stimmung für das "H1B" genannte US-Visumsprogramm für hochqualifizierte Arbeitskräfte machen. Die meisten dieser Visa gehen an die IT-Branche, und dabei vor allem für indische Mitarbeiter.

Der indische Botschafter in den USA, Navtej Sarna, bei seinem Empfang für die US-Gouverneure.

(Bild: Indische Botschaft in den USA)

Freitagabend richtete der indische Botschafter einen "informellen" Empfang aus, zu dem die Gouverneure von mehr als der Hälfte aller US-Staaten gekommen sind. Der indische Botschafter erinnerte sie daran, dass indische IT-Unternehmen den USA erhebliche Vorteile bescheren. In den letzten fünf Jahren hätten diese Firmen in den Vereinigten Staaten 20 Milliarden US-Dollar Steuern und sieben Milliarden Dollar Sozialabgaben bezahlt.

Die Gouverneure trafen auf dem Empfang auch eine Delegation unter Führung des ehemaligen indischen Ministers Sri R Chandrashekhar. Das berichtet der Marktforscher und Meinungsmacher Morning Consult. Der Ex-Minister ist Präsident des Branchenverbandes NASSCOM, der die Interessen von Unternehmen in den Bereichen Informationstechnologie sowie Business Process Outsourcing vertritt. Noch bis Donnerstag will Chandrashekhar in Washington lobbyieren und eine Reihe Abgeordneter sowie Funktionäre aus Trumps Regierung treffen.

Die meisten H1B-Visa finden in einem solchen Reisepass Niederschlag.

Das H1B-Programm ist ein im US-Maßstab überschaubares Visumsprogramm, für indische Unternehmen aber von besonderer Bedeutung. Pro Jahr werden maximal 65.000 neue H1B-Visa an gut bezahlte, hochqualifizierte Ausländer aus aller Welt erteilt, die aus dem Ausland in die USA reisen um dort zu arbeiten. Dazu kommen 20.000 Visa für Ausländer, die in den USA eine Hochschule absolviert haben und im Land einen Job annehmen möchten.

Kein Land ist dabei so erfolgreich, wie Indien. Die jüngsten verfügbaren Zahlen sind für das US-Finanzjahr 2015. Damals gingen 62 Prozent aller neuen H1B-Visa an in Indien geborene Arbeitskräfte. Bei den Verlängerungen waren es sogar mehr als drei Viertel. Einerseits beschäftigen US-Unternehmen gerne gut ausgebildete Inder, andererseits eröffnen auch indische Firmen Zweigstellen in den USA, um vor Ort Aufträge von US-Unternehmen zu erfüllen. Laut Chandrashekhar schaffen zehntausende in den USA werktätige Inder auf diese Weise Millionen Arbeitsplätze daselbst.

Obwohl die Visa nicht zur dauerhaften Niederlassung in den USA berechtigen, sind sie heiß begehrt. Anträge sind jährlich im April möglich, aber nur für wenige Tage. Denn die Quote ist sofort mehrfach überzeichnet, obwohl jeder Antrag einen vier- bis fünfstelligen Betrag kostet. Eine Lotterie entscheidet, wer das Visum bekommt. Das verschafft Konzernen einen Vorteil gegenüber kleinen Unternehmen. Konzerne können über mehrere Tochterfirmen Anträge für den selben Mitarbeiter stellen, was die Chancen in der Lotterie erhöht.

US-Abgeordnete haben drei unterschiedliche Gesetzesanträge eingebracht. Gewünscht werden etwa eine Erhöhung des H1B-Mindestlohns von 60.000 US-Dollar jährlich auf 100.000 oder sogar mehr als 130.000 Dollar. Das würde die indischen Firmen hart treffen. Zuletzt lag das Medianeinkommen der H1B-Beschäftigten bei 79.000 Dollar. Gleichzeitig könnte die Auflage eines Studienabschlusses wegfallen. Ein Antrag sieht eine Versteigerung der Visa anstatt einer Lotterie vor, mit einer separaten Quote für Startups. Die von der IT-Branche sowohl in den USA als auch Indien gewünschte Erhöhung der Quote insgesamt ist in den Gesetzesanträgen nicht vorgesehen.

(ds)