NSA-Untersuchungsausschuss: BGH weist Antrag auf Vernehmung Snowdens endgültig zurück

Zwei Vertreter von Grünen und Linken wollten mit einer Beschwerde beim Bundesgerichtshof erreichen, dass Edward Snowden doch noch vor dem NSA-Untersuchungsausschuss aussagt. Doch daraus wird nun endgültig nichts.

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Edward Snowden

Eine Vernehmung Edward Snowdens per Videoschaltung war der Opposition nicht genug.

(Bild: dpa, Christian Charisius/Archiv)

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Inhaltsverzeichnis

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Forderung von Oppositionsvertretern im NSA-Untersuchungsausschuss abgewiesen, den Whistleblower Edward Snowden in Deutschland zu vernehmen. Zwei Politiker der Grünen und der Linken wollten mit ihrer Beschwerde beim BGH eine Entscheidung des Ausschusses für eine Vernehmung Snowdens in der Hauptstadt erzwingen. Der BGH hat die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen, weil die zwei Politiker nicht das nach Ansicht der Richter dafür notwendige "Viertel der Mitglieder des Deutschen Bundestags" repräsentieren (BGH Az. 3 ARs 20/16).

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Martina Renner (Linke) und Konstantin von Notz (Grüne) sitzen für ihre Fraktionen im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Der ist sich seit 2014 eigentlich einig, dass Snowden als Zeuge aussagen sollte. Dazu gekommen ist es allerdings nie. Während die sechs Vertreter der Großen Koalition eine Vernehmung des ehemaligen NSA-Mitarbeiters im russischen Exil oder per Videoschaltung bevorzugten, versuchen Renner und von Notz seit Jahren, eine Aussage Snowdens in Berlin durchzusetzen.

Die beiden Abgeordneten hatten im Untersuchungsausschuss gegen die Mehrheit beantragt, dass die Bundesregierung die Voraussetzungen für eine Vernehmung Snowdens schaffen soll. Dazu gehört auch, dem Whistleblower Schutz vor einer Auslieferung an die USA zuzusichern. CDU/CSU und SPD folgten außenpolitischen Bedenken der Bundesregierung und lehnten den Antrag im Ausschuss ab. Eine Befragung per Videoschaltung lehnten Linke und Grüne als nicht ausreichend ab. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine gegen die Ausschussentscheidung gerichtete Beschwerde der Oppositionsvertreter als unzulässig zurückgewiesen und auf den BGH verwiesen.

Dort hatten Renner und von Notz zunächst Erfolg. Eine Ermittlungsrichterin des BGH hatte der Ausschussminderheit im vergangenen November zunächst Recht gegeben und den Untersuchungsausschuss verpflichtet, einen Beschluss im Sinne von Linken und Grünen zu fassen. Dagegen legten wiederum Vertreter von CDU/CSU und SPD Beschwerde ein und waren erfolgreich. Der BGH ordnete an, dass der Ausschuss bis zur Entscheidung in der Hauptsache keine Beschlüsse fassen darf. Damit ist das Thema durch: Der Untersuchungsausschuss hat Mitte Februar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als letzte Zeugin angehört und arbeitet nun an seinem Abschlussbericht.

Am Mittwoch hat der BGH nun entschieden, dass die Vertreter von Grünen und Linken nicht das Gewicht auf die Waage bringen, das nötig wäre, um eine Beweisaufnahme zu erzwingen oder eine Entscheidung des Ausschusses zu ändern. Das Untersuchungsausschussgesetz sieht dafür Minderheitenrechte vor und spricht zwar eindeutig von einem "Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses", der BGH interpretiert das allerdings anders: Diese Regelung sei so zu verstehen, dass die Ausschussminderheit "mindestens ein Viertel der Mitglieder des Deutschen Bundestags repräsentieren muss".

Damit haben Renner und von Notz ihre Möglichkeiten ausgeschöpft. "Der BGH zieht sich mit seinem Snowden-Beschluss auf Formfragen zurück und verhindert damit faktisch eine Aussage Edward Snowdens", zeigt sich Renner enttäuscht. "Weite Teile des internationalen Überwachungsskandals bleiben nun unaufgeklärt." Von Notz kritisiert, der BGH umgehe "die eigentliche Frage, wie Beweisbeschlüsse umgesetzt werden müssen". Das Gericht beseitige die Minderheitenrechte der Opposition "mit einem Federstreich" und mache parlamentarische Kontrolle unmöglich. "In der Konsequenz ist das ein untragbarer Zustand und zeigt, was für problematische Auswirkungen dieses Bündnis aus Union und SPD auf die Funktionalität des Parlaments hat." Einer erneuten Verfassungsbeschwerde geben die Abgeordneten keine großen Erfolgschancen.

Siehe dazu auch bei heise online:

(vbr)