Österreich: Verwertungsgesellschaft feiert Urteil zu Urheberrechtsabgaben

Ein Höchstgericht soll das österreichische System von Urheberrechtsabgaben bestätigt haben. Amazon muss Millionen zahlen. Privatpersonen, die keine Privatkopien machen, sollen weiterhin nichts zurückbekommen.

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Ferromagnetische Festplatte, geöffnet

Seit 2015 sind in Österreich auch Festplatten und Handys abgabepflichtig.

(Bild: Christian Jansky CC BY-SA 3.0)

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Die österreichische Verwertungsgesellschaft austro mechana hat sich in einem langjährigen Streit um Urheberrechtsabgaben auf Speicherkarten, MP3-Player und andere Datenträger durchgesetzt. Das meldet die Organisation in einer Presseaussendung unter Berufung auf eine Entscheidung des Oberstern Gerichtshofes (OGH) Österreichs. Die Entscheidung selbst liegt noch nicht vor.

Eingang zum Sitz des Obersten Gerichtshofs in Wien

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Verfahrensgegner war Amazon, das Speichermedien und MP3-Player aus Deutschland an Endkunden in Österreich geliefert hat. Der Onlinehändler muss nun wohl die österreichische Urheberrechtsabgabe rückwirkend ab 2002 nachzahlen. Das sind wohl mehrere Millionen Euro. Seit 2015 sind auch Festplatten, Handys und ähnliche Geräte abgabepflichtig, daher der landläufige Begriff "Festplattenabgabe". Die Höhe hängt von Art des Geräts und Speichervolumen ab und kann bis zu 43,74 Euro pro Stück ausmachen.

Für österreichische Verbraucher kann es günstiger sein, abgabepflichtige Geräte anlässlich eines Auslandsaufenthalts zu kaufen und selbst ins Land zu bringen, anstatt sie sich von einem Onlinehändler nach Österreich liefern zu lassen. Das kann aber Nachteile bei der Abwicklung von Garantie- oder Gewährleistungsansprüchen nach sich ziehen.

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Die einst als Leerkassettenvergütung eingeführte Abgabe heißt seit 2015 offiziell Speichermedienvergütung. Sie soll Rechteinhaber dafür entschädigen, dass Dritte ihre Werke in nicht bewilligungspflichtiger Weise legal vervielfältigen – für die berühmte "Privatkopie", also. Illegale Kopien werden durch die Gebühr nicht legalisiert.

Amazon war der Auffassung, dass das österreichische System der Urheberrechtsabgaben nicht den europarechtlichen Vorgaben entspricht. Denn einerseits wird, nach Abzug der Verwaltungskosten der verschiedenen Verwertungsgesellschaften, nur die Hälfte der Abgaben an die Rechteinhaber ausgeschüttet. Die andere Hälfte speist seit über 35 Jahren Fonds für soziale und kulturelle Einrichtungen. Deren Mittel kommen nur den eigenen Mitgliedern zugute, also hauptsächlich in Österreich ansässigen Künstlern. Laut austro mechana hat der OGH darin keine Diskriminierung erkannt.

Andererseits ging es um die Rückerstattung der Abgaben, wenn Privatpersonen auf einem Datenträger keine Privatkopien anfertigen. Die österreichischen Verwertungsgesellschaften weigern sich seit jeher, in solchen Fällen das Geld zurückzugeben. Unternehmen und Behörden können die Abgabe in so einem Fall unstrittig zurückfordern, tun das aufgrund des hohen Verwaltungsaufwandes aber kaum.

Wer auf einem Datenträger etwa nur seine eigenen Urlaubsfotos speichert, macht darauf keine Privatkopien.

(Bild: Monika Kern)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte 2013 zur damaligen Leerkassettenvergütung befunden, dass auch Privatpersonen Anspruch auf Rückzahlung haben (Verfahren C-521/11), wenn sie "offenkundig" keine Privatkopien anfertigen. Die österreichischen Verwertungsgesellschaften folgten dem aber nicht, und fühlen sich nun durch die aktuelle OGH-Entscheidung bestätigt: "Der OGH sagt (…) klar und deutlich, dass Verbraucher, die Speichermedien zu privaten Zwecken erworben haben, die Vergütung unabhängig davon zu leisten haben, ob sie eigene oder fremde Inhalte darauf speichern", schreibt die austro mechana, "Damit haben sie auch keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung."

Eine unabhängige Einschätzung ist noch nicht möglich, da die OGH-Entscheidung selbst noch nicht vorliegt. Die österreichischen Verwertungsgesellschaften hatten spätestens seit der Jahrtausendwende versucht, Abgaben auf Festplatten einzuheben. Nachdem sie damit in Musterprozessen 2005 und 2009 gescheitert waren, erreichten sie eine Gesetzesänderung. Seither besteht Abgabenpflicht. Angesichts dessen mündete ein drittes Musterverfahren in einem Vergleich. (ds)