Werbeboykott gegen YouTube: Google filtert schärfer – und macht Youtube-Stars Sorgen

Einige Werbetreibende seien bereits zurückgekehrt, betont Google-Manager Philipp Schindler. Allerdings fürchten YouTube-Stars nun um ihre Werbeeinnahmen.

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YouTube-Boykott: Google filtert aggressiver

Einige Werbetreibende seien bereits zurückgekehrt, betont Google-Manager Philipp Schindler. Allerdings fürchten YouTube-Stars nun um ihre Werbeeinnahmen

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Von
  • Torsten Kleinz
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Nachdem der Rückzug wichtiger Markenkonzerne von der Videoplattform für Schlagzeilen gesorgt hatte, sieht sich Google wieder auf dem Weg der Besserung. Überarbeitete Algorithmen sorgten dafür, dass YouTube fünfmal mehr Videos identifiziere, die nicht für die Vermarktung geeignet sind, betont Google-Manager Philipp Schindler in einem Interview mit dem Magazin Recode.

An dem Google-Boykott hatten sich laut Medienberichten mehr als 250 Markenkonzerne beteiligt. Auslöser waren Artikel der britischen Zeitung The Times, laut denen Werbebotschaften renommierter Marken wie Volkswagen, L'Oréal oder AT&T in Videos von US-Neonazis oder Unterstützern der Terror-Organisation IS aufgetaucht waren.

Schindler betont nun, dass Problem sei zwar bekannt, aber in der Berichterstattung übertrieben dargestellt worden. "Das Thema ist grade im Scheinwerferlicht – und Werbekunden mögen es überhaupt nicht, wenn solche Konflikte in der Öffentlichkeit ausgetragen werden", erklärte der Google-Manager. Ohnehin gehe es nur um winzige Fehlerquoten. Recode zitiert einen Google-Sprecher damit, dass die Werbung bei den konkret kritisierten Videos weniger als ein Tausendstel Prozent der Top-Kampagnen ausgemacht habe.

Um die unerwünschten Werbeausspielungen zu reduzieren hatte Schindler in der vergangenen Woche bereits erste Sofortmaßnahmen versprochen: So wurden die Voreinstellungen für Werbekampagnen verändert und eine verschärfte Filterung für ungeeignete Videos angekündigt. So werden mehr Videos, die aus Sicht von Markenwerbetreibenden vermeintlich problematisch erscheinen, automatisiert von der Vermarktung ausgeschlossen. Die Videos selbst bleiben in dem Fall online – die Ersteller erhalten jedoch keine Einnahmen, da in den Videos keine Werbespots erscheinen.

Laut Schindler hat das Vorgehen bereits Erfolg gezeigt. So hätten einige Firmen den öffentlich angekündigten Boykott nie in die Tat umgesetzt, andere seien bereits wieder auf die Plattform zurückgekehrt. Zahlen oder Namen nennt Schindler allerdings nicht. Gegenüber der New York Times bestätigte der Pharmazie- und Kosmetik-Konzern Johnson&Johnson, die Werbeschaltungen in vielen Ländern wieder aufgenommen zu haben.

Was für die Werbetreibenden eine gute Nachricht ist, ist jedoch ein Problem für die Firmen, die Inhalte auf YouTube erstellen. YouTube-Star Philip DeFranco zum Beispiel beklagt, dass zehn seiner Videos aus der Vermarktung genommen wurden. "Das große Problem von YouTube ist Kommunikation", kritisiert DeFranco. So habe er keine E-Mail erhalten, die ihn von der Demonetarisierung informiert habe. Von einer Zensur will DeFranco ausdrücklich nicht sprechen, rät aber dazu die Entwicklung im Auge zu behalten.

Den Vorschlag, Videos erst nach einer manuellen Prüfung freizuschalten, lehnt Google weiterhin ab. So würden viel zu viele Videos auf YouTube hochgeladen, um die Prüfung in angemessener Zeit zu bewältigen, betont Schindler gegenüber Recode. Durch eine solche vorgeschaltete Kontrolle würden die Werbetreibenden von den aktuellen Entwicklungen und somit auch vom Publikum auf YouTube abgekoppelt – woran die Werber kein Interesse haben dürften. (anw)