Gutachter: Bargeld sichert die informationelle Selbstbestimmung

Der Beirat des Wirtschaftsministeriums stellt sich gegen Überlegungen Schäubles, Obergrenzen für Bargeld einzuführen. Hausherrin Zypries spricht von "überzeugenden Argumenten"; Münzen und Scheine seien auch im Digitalzeitalter wichtig.

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Gutachter: Bargeld sichert die informationelle Selbstbestimmung

Ab Ende 2018 werden nach einem Beschluss der Europäischen Zentralbank keine neuen 500-Euro-Scheine mehr ausgegeben.

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Bargeld hat nicht nur für die Verbraucher einen "unmittelbaren Nutzen", sondern einige seiner Vorzüge sind auch "von staatspolitischer Bedeutung". Zu diesem Schluss kommt der unabhängige wissenschaftliche Beirat, der Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) berät, in einem am Mittwoch veröffentlichten Gutachten. "Die mit der Verwendung von Bargeld verbundene Anonymität dient dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der informationellen Selbstbestimmung der Bürger", heißt es darin.

Einzelne Ökonomen schlagen ab und an vor, Bargeld abzuschaffen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zudem voriges Jahr zusammen mit den Regierungsvertretern der anderen EU-Mitgliedsstaaten eine Debatte über Sinn und Zweck einer Regulierung ausgelöst, mit denen Geldmenge im Umlauf beschränkt werden könnte. Meist geht es bei solchen Überlegungen darum, Kriminalität wie Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche einzuschränken. Auch der Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB), von Ende 2018 an keine neuen 500-Euro-Scheine mehr auszugeben, hat die Diskussion belebt.

Der Beirat sieht diese Initiativen "sehr kritisch". Es sei zu befürchten, dass etwa die ins Gespräch gebrachten Obergrenzen "vor allem normale Bürger und normale Aktivitäten betreffen, da Schattenwirtschaft und Kriminalität sich der Überwachung leichter entziehen beziehungsweise alternative Zahlungsmethoden aufbauen können", heißt es in dem 55-seitigen Papier. Der Eingriff in die Freiheit normaler Bürger erscheine hier als unverhältnismäßig.

Versuche, Verbrechen zu bekämpfen "durch eine drastische Erschwerung oder gar Abschaffung der Verwendung von Bargeld" sind nach Ansicht der Gutachter zudem "nur bedingt wirksam". Auch das Argument, dass es die Existenz von Scheinen und Münzen einer Zentralbank kaum möglich mache, die Zinssätze unter Null zu senken, halten die Forscher für nicht stichhaltig.

Die "Faszination neuer Zahlungsmechanismen" und die Tatsache, dass in Ländern wie Schweden weniger Bargeld verwendet wird, ist laut den Experten ebenfalls kein Grund dafür, dass eine solche Entwicklung "von Staats wegen beschleunigt werden sollte". Für gesetzliche Vorgaben in diesem Bereich komme es allein darauf an, ob die hierzulande oder im Euroraum "zu beobachtenden Muster der Verwendung von Zahlungsmitteln in irgendeiner Weise durch Marktversagen geprägt werden". Darauf gebe es keine belastbaren Hinweise. Der Staat reklamiere für sich oder die Zentralbank ein Monopol darauf, Bargeld ausgeben zu dürfen. Diese Alleinstellung bringe auch einen Versorgungsauftrag mit sich, bei dem die Wünsche und Bedürfnisse der Bargeld-Nutzer berücksichtigt werden müssten.

Zypries begrüßte, dass der Beirat "mit überzeugenden ökonomischen Argumenten für die Beibehaltung des Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel plädiert". Münzen und Scheine hätten "auch in Zeiten der Digitalisierung" ihre Berechtigung und sollten weiter eine wichtige Rolle im Zahlungsverkehr spielen. (anw)