UNESCO will DRM im Web verhindern

In den seit Jahren anhaltenden Streit um den angehenden W3C-Standard Encrypted Media Extensions, der DRM im Browser ermöglicht, mischt sich nun auch die UNESCO ein.

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Digital Rights Management
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Von
  • Herbert Braun

Seit vier Jahren schwelt der Streit um Encrypted Media Extensions (EME) nun schon, und eigentlich ist er längst entschieden: Jeder gängige Browser unterstützt längst diese Technik, die Digitales Rechte-Management für Webinhalte ermöglicht. Dennoch kommt die Angelegenheit nicht zur Ruhe – vor der drohenden Verabschiedung eines entsprechenden W3C-Standards hat sich nun sogar die UNESCO eingemischt.

Man habe "Bedenken" und sehe "mögliche Implikationen für Menschenrechte, Offenheit und Zugänglichkeit", hieß es in einem letzte Woche an den W3C-Gründer Tim Berners-Lee und den CEO Jeff Jaffe geschickten Schreiben. Dieses verweist darauf, dass die UNESCO dem "freien Fluss der Informationen und Ideen verpflichtet" sei und macht sich Sorgen um Sicherheit und um die Zugänglichkeit von Informationen. "Man kann für ausnahmsweise Beschränkungen beim Zugriff auf Inhalte argumentieren, [...] aber die Menschenrechtsstandards sagen eindeutig, dass dies niemals die Voreinstellung sein sollte." Abschließend lädt der Brief das W3C zu weiteren Gesprächen ein.

Autor des Schreibens ist Frank William La Rue, der bei der UNESCO die Abteilung für Kommunikation und Information leitet, einen der fünf Schwerpunkte der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur. Vor seiner aktuellen Tätigkeit war der Guatemalteke UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit und positionierte sich klar gegen staatliche Überwachung.

Anlass für die erneuten Diskussionen um EME ist, dass diese bereits flächendeckend implementierte Technik offiziell den Segen des W3C erhalten soll: Mitte März erhob das Webstandard-Gremium EME zur Candidate Recommendation. Bis einschließlich 13. April hat die Öffentlichkeit nun noch Zeit, Einwände gegen den angehenden Standard zu formulieren.

EME ist selbst keine DRM-Lösung, stellt einer solchen aber die technische Infrastruktur zur Verfügung. Relevant ist es vor allem für Streaming Media: Die bekannteste Anwendung, die EME nutzt, ist Netflix im Browser.

Mit der zunehmenden Verdrängung von Flash und anderen Plug-ins aus dem Web erbte das offene Web auch den ungeliebten Anwendungsfall DRM. Das W3C stand vor der Wahl, weiter den unsicheren und proprietären Plug-ins das Feld zu überlassen oder eine ihren Grundprinzipien entgegenlaufende Technik zu entwickeln – und entschied sich für den Sündenfall, auch gegen interne Widerstände und die erbitterte und anhaltende Opposition von Bürgerrechtlern wie der EFF oder FSF. (js)