Facebook räumt politische Desinformation durch Regierungen ein

Gibt es von Regierungen und anderen Organisationen gesteuerte Propaganda-Aktionen auf Facebook? Ein neuer Bericht des sozialen Netzwerks gesteht das jetzt erstmals ein.

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Initiative für Medienkompetenz

(Bild: dpa, Tobias Hase)

Lesezeit: 3 Min.

Facebook hat erstmals eingeräumt, dass es staatlich unterstützte Versuche gibt, das weltgrößte Online-Netzwerk als Instrument zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung zu missbrauchen. In einem Analysepapier erklärt die Sicherheitsabteilung des Unternehmens unter anderem, dass mit Hilfe gefälschter Profile bestimmte Meinungen und zum Teil auch Falschinformationen in den Vordergrund gerückt werden sollen. Das Online-Netzwerk versicherte, dass es konsequent dagegen vorgehen werde. So sei Facebook zuletzt gegen 30.000 gefälschte Profile in Frankreich vorgegangen.

Dabei kämen bei solchen Desinformations-Kampagnen weniger automatisierte Bots oder kompromittierte Accounts, sondern eher Fake-Profile zum Einsatz, die von menschlichen Nutzern gesteuert würden. Ziel sei eine "false amplification", also eine massive Verstärkung von Ansichten, die sonst nicht diese Verbreitung erfahren würden. Dafür würden konzertiert Inhalte geteilt, Kommentare geschrieben und auch Gruppen gegründet. Gerade Letztere würden Eigenleben annehmen, wenn nicht nur die Fakes da sind, sondern auch echte Nutzer beginnen, sich dort zu tummeln.

Voraussetzung dafür sei aber, dass die Hintermänner über die nötigen Sprachkenntnisse und das Wissen über die politische Situation des Landes verfügen, in dem sie Einfluss ausüben wollen. Das setzt Koordination, Planung und Ressourcen voraus, um Effekt erzielen zu können. Facebook hofft, solchen Fake-Profilen durch automatisierte Prüfungen auf die Schliche zu kommen: Dabei soll es weniger um die verbreiteten Inhalten, sondern eher um das Verhalten des Accounts gehen.

Der Text ist die bisher ausführlichste Stellungnahme von Facebook nach der Kritik an der Ausbreitung gefälschter Nachrichten im US-Präsidentschaftswahlkampf im vergangenen Jahr. Das Online-Netzwerk erklärte, dass sowohl Regierungen als auch andere Gruppen versuchten, über die Plattform mit unlauteren Mitteln die öffentliche Debatte zu beeinflussen. Zugleich wurde in dem Papier die bisherige Position bekräftigt, dass das Ausmaß der festgestellten "Informations-Operationen" im Wahlkampf gemessen an der gesamten Aktivität zu politischen Themen "statistisch sehr gering" gewesen sei.

Die Daten von Facebook widersprächen nicht der Einschätzung der US-Geheimdienste, die Akteure mit Verbindung zu Russland als Urheber der Kampagnen ausgemacht hatten. Zugleich sehe sich Faceboook aber nicht zu einer definitiven Zuschreibung in der Lage, wer nun dahinter stehe. Detaillierte Beweise für eine etwaige Schuld Russlands konnte bislang noch niemand vorlegen – in Deutschland hat Berichten zufolge der BND bislang auch vergeblich nach solchen gesucht.

Insgesamt könnten Gesellschaften sich gegen solche Kampagnen aber nur zur Wehr setzen, wenn die Bürger selbst echte Nachrichten von Falschinformationen unterscheiden könnten, resümiert Facebook. (Mit Material der dpa) / (axk)