Die zweite Neuerfindung

Groß geworden ist das chinesische Unternehmen BYD erst mit Batterien und dann mit Elektroautos. Weil die Regierung die Subventionen für E-Mobilität gekürzt hat, muss es sich jetzt neue Märkte erschließen.

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Von
  • Laurie Burkitt
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Mit hohen Subventionen hat die chinesische Regierung eine Revolution bei Elektroautos in Gang gebracht. Die Verkäufe des Marktführers BYD etwa sind in den vergangenen zwei Jahre um jeweils 45 Prozent gestiegen. Insgesamt wurden 2016 gut 500.000 Elektroautos verkauft, 53 Prozent mehr als im Vorjahr, was allerdings immer noch nur einen kleinen Teil des Gesamtmarkts von 28 Millionen Autos pro Jahr ausmacht.

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In der BYD-Fabrik in der südchinesischen Stadt Shenzhen montieren 600 Arbeiter und eine Reihe von Robotern Reifen und Armaturenbretter an Elektroautos, von denen alle 90 Sekunden eines vom Band läuft. "Es könnten auch 45 Sekunden sein", sagt der Fabrik-Koordinator Jun Li und zeigt auf eine lange Schlange von frisch lackierten Karosserien. "In Spitzenzeiten können wir 900 Autos pro Tag herstellen. Zurzeit sind es 500."

Nach Jahren mit zweistelligem Wachstum sind die Umsätze von BYD, größter Elektroauto-Hersteller der Welt und eine bekannte Marke in China, rapide gefallen, seit die Regierung die Subventionen für Elektroautos gekürzt hat. Mit der beliebten und preisgünstigen Hybrid-Limousine Qin kommt das Unternehmen auf einen Anteil von 31 Prozent am Markt für elektrische Autos in China, hat die auf China spezialisierte Marktforschungsfirma JL Warren Capital ermittelt.

Elektroautos für den Massenmarkt (14 Bilder)

Der e6, eines der Elektroautos vom chinesischen Hersteller BYD, ist auch auf dem deutschen Markt erhältlich, für knapp 50.000 Euro. Mit seiner Batteriekapazität von 80 Kilowattstunden liegt die Reichweite bei 400 Kilometern.
(Bild: BYD)

Der Grund für die Verringerung der Subventionen in diesem Januar war, dass die Regierung eine Konsolidierung der Branche erzwingen wollte, indem kleine, von den Subventionen abhängige Anbieter verdrängt werden. Doch auch der Gewinn von BYD fiel im ersten Quartal um 29 Prozent auf rund 80 Millionen Euro, der Umsatz ging um 34 Prozent zurück. Jetzt hofft man darauf, mit einer globalen Expansion dagegen halten zu können: Das Unternehmen will Produkte wie elektrische Busse, Müllwagen und Züge an lokale Regierungen verkaufen, und irgendwann eine komplette Palette für sauberen Stadtverkehr.

Vor den Toren von Shenzhen, in einem neuen Bezirk namens Pingshan, ist ein Ökosystem mit sauberer Energie fast schon Realität. Taxifahrer in Kleinwagen lassen Passagiere auf der "BYD Lane" aussteigen. Der dort zu findende Hauptsitz des Unternehmens sieht aus wie eine Parodie auf Modernität. Tausende von fast identischen Autos parken vor ebenso gleichförmigen Gebäuden, die mit Solarzellen von BYD ausgestattet und mit einer Einschienen-Hochbahn von BYD verbunden sind.

"Wissen Sie, welche Branche in den USA die meisten Subventionen von der Regierung bekommt? Linienbusse", sagt Micheal Austin, Vice President für Amerika bei BYD. 80 Prozent aller Investitionen in Buslinien würden von der US-Regierung finanziert. Am Standort Lancaster in Kalifornien produziert ein von Austin geführtes Team pro Jahr rund 300 Busse für den US-Markt. Nach seinen Angaben liegen Aufträge für 100 elektrische Hafenfahrzeuge vor, und es wird an elektrischen Schleppern für Flughäfen gearbeitet.

Die Zukunftspläne stoßen auf Skepsis. Laut Alvit Wang, Aktien-Analyst bei JL Warren Capital, gibt es "null" innovative Technologien in der Monorail-Bahn von BYD, und der Markt für öffentlichen Personennahverkehr sei bereits gesättigt. Ähnlich äußert sich Jack Perkowski, der frühere CEO von Asimco Technologies: Nur eine begrenzte Zahl von Städten sei an Verkehrsangeboten auf der Grundlage neuer Energiequellen interessiert, und BYD werde sich schwertun, Lokalregierungen zu überzeugen, dass sie 800.000 Dollar für einen Greentech-Bus ausgeben sollen.

Trotzdem arbeitet BYD mit Hochdruck an der Umsetzung. In die Entwicklung der schicken weißen Monorail-Bahn mit ihrer kugelförmiger Nase wurden 725 Millionen Dollar investiert; mit Strom versorgt wird sie von BYD-Batterien. Noch fährt niemand darin, denn die finalen Tests sind noch nicht abgeschlossen. Doch wenn es soweit ist, will BYD erneut mit niedrigen Kosten überzeugen, die mit nur 17,4 Millionen Dollar für Projekte mit einem Kilometer angegeben werden. Zum Vergleich: Die sieben Kilometer lange Monorail-Bahn in Las Vegas, eröffnet 2004, kostete noch 654 Millionen Dollar.

Zudem verweisen Führungskräfte darauf, dass BYD sich nicht zum ersten Mal neu erfindet. Gegründet wurde das Unternehmen von dem Chemiker Chaunfu Wang, der es zunächst zum weltweit wichtigsten Anbieter von Batterien auf Nickel- und Lithium-Basis machte – und dann zu einem erfolgreichen Entwickler und Hersteller von Elektroautos, angetrieben von den eigenen Batterien.

(sma)