Out of Africa

Euro4-normgerechte Honda CRF 1000 L Africa Twin

Die Reiseenduro hat sich bei ihrem Debüt letztes Jahr auf Anhieb auf Platz fünf der Zulassungsstatistik etabliert, doch erfüllte sie lediglich die Euro3. Jetzt hat hat sie Honda der aktuellen Euro4 konform aufgerüstet. Kann sie damit das hohe Level des letzten Jahres halten?

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Honda CRF 1000 L Africa Twin 15 Bilder
Lesezeit: 8 Min.
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  • iga
Inhaltsverzeichnis

Mit der Nachfolgerin ihrer legendären Africa Twin hat Honda alles richtig gemacht. Nach der Präsentation Ende 2015 sprang sie 2016 auf Anhieb unter die Top Fünf der beliebtesten Motorräder in Deutschland. Die Reiseenduro kommt im Rally-Look daher und sieht so aus, als könne man mit ihr an der nächsten Rallye Dakar teilnehmen. Dabei verzichtete Honda bewusst auf übertriebene Leistung zugunsten besserer Fahrbarkeit und beließ es bei 95 PS aus einem Liter Hubraum. Was sich auch mit einem Gewicht von 232 Kilogramm als völlig ausreichend erwies. Dazu ein superbes Fahrwerk, das ohne elektronischen Schnickschnack auskommt, wie es so mancher Konkurrent für teuer Geld anbietet.

Mit Euro4-Norm erst für 2017

Eine Erwartung konnte die Africa Twin allerdings bislang nicht erfüllen: die Euro4-Norm. Honda hatte die neue Reiseenduro noch rasch im Herbst 2015 nach Euro3-Norm für die Europäische Union homologiert, wohl, um Zeit zu gewinnen. Denn die zum ersten Januar 2016 eingeführte Vorschrift galt nur für neue Modelle. Solche, die schon vorher eine Homologation besaßen, waren ausgenommen, erst ab 2017 mussten alle neu zugelassenen Motorräder die Euro4-Norm vorweisen.

Offensichtlich hatte selbst der weltgrößte Motorradhersteller einige Probleme, die strenge Norm einzuhalten, sonst hätte er die Africa Twin wohl gleich mit Euro4-Norm versehen. Dies hat Honda nun nachgeholt und wir waren gespannt, ob sich Unterschiede zum Vorjahresmodell feststellen ließen.

Äußerlich alles beim Alten – gut so!

Optisch hat sich nichts geändert, außer dass die Africa Twin nun zusätzlich zu den drei bekannten Lackierungen auch in „Candy Prominence Red“ bestellbar ist. Hoch ragt die Reiseenduro auf und dennoch wirkt sie nicht ganz so wuchtig und schwer wie einige Konkurrentinnen. Der Effekt ist wohl auch gewollt, schließlich weist Honda gerne daraufhin, dass ihre Reiseenduro leicht ist. Sie bringt mit vollem 18,8-Liter-Tank, laut offiziellen Honda-Angaben, immer noch 232 kg auf die Waage. Was hieße, dass die 2017er-Ausgabe ihr Gewicht im Vergleich zur Euro3-Version gehalten hätte.

Damit ist die Africa Twin zwar immer noch kein Magermodell, aber tatsächlich würde man während der Fahrt auf wesentlich weniger Gewicht tippen. Hier hat Honda mit der Massenzentrierung ganze Arbeit geleistet. Sogar die Batterie rückte nahe an die Zylinder heran, um das Handling zu verbessern. Allerdings ist die Africa Twin mit einem Radstand von 1575 mm, einem Nachlauf von 113 mm und 21-Zoll-Vorderrad auch kein Ausbund an Agilität. Honda legte Wert auf Offroad-Tauglichkeit und setzte auf eher schmale Reifen in der Dimension 90/90-21 und 150/70-18. Mit der Fahrwerksgeometrie vermittelt die Africa Twin aber ein sehr beruhigendes Fahrgefühl, sie durcheilt Radien aller Art souverän ohne den geringsten Ansatz von Instabilität. Lediglich die serienmäßig aufgezogenen Dunlop Trailmax D 610 entpuppen sich als suboptimal, weil sie in Kurven kippelig sind und bei Nässen zu wenig Grip bieten. Da wäre der Trailsmart aus selbem Haus die wesentlich bessere Wahl gewesen.

Lineare Leistungsentfaltung

Zwar mäkeln altgediente Reiseenduristen immer noch daran herum, dass die neue Africa Twin keinen V2-Motor wie das Vorbild von 1988 besitzt, aber das Nörgeln erstirbt, sobald sie das erste Mal die Neue fahren. Es fühlt sich jeder auf Anhieb wohl. Die Sitzposition passt wie angegossen und der Reihenzweizylinder zeigt eine beinahe lineare Leistungsentfaltung. Schon kurz nach dem Anfahren liegen 80 Nm Drehmoment an, maximal schwingt sich der Twin zu 98 Nm bei 6000/min auf. Ihre Höchstleistung gibt Honda mit 95 PS bei 7500/min ab, danach schwindet die Drehfreude rasch. Mehr braucht es aber auch nicht, um auf einer Reiseenduro glücklich zu sein.

Sanft geht die 1000er ans Gas, reagiert spontan auf jeden Befehl am Gasgriff. Vibrationen sind dem mit zwei Ausgleichswellen gesegneten Motor fremd. Er hat einen Hubzapfenversatz von 270 Grad und verwöhnt mit einem dumpf böllernden Sound. Die Auspuffanlage verfügt über drei Expansionskammern, deren Klangkulisse sorgfältig abgestimmt wurde. Ohne den großen Schalldämpfer wäre die Euro4-Norm nicht einzuhalten gewesen. Einen Unterschied zum Motor mit Euro3-Norm ließ sich während der Fahrt nicht feststellen und das ist gut so.

Rahmen vom Werks-Rallymotorrad abgeleitet

Der Stahlrahmen mit zwei Unterzügen ist in der Konstruktion an die des Werks-Rallymotorrads CRF 450 R angelehnt, wie er unter anderem auch auf der Rallye Dakar in Südamerika eingesetzt wird. Der Africa Twin-Motor ist über sechs Halteplatten am Rohrgestell verschraubt. Die Entwickler wollten eine gute Fahrzeugbalance und eine hohe Stabilität des Fahrzeugs erreichen.

Die Federwege sind mit 230 mm vorne und 220 mm hinten üppig bemessen, was für die Geländetauglichkeit immens wichtig ist. Die Upside-down-Gabel von Showa ist voll einstellbar und spricht sehr feinfühlig an. Das hintere Federbein ist praktisch über einen gut erreichbaren Drehknauf in der Vorspannung einstellbar. Trotz der weiten Federwege, bleibt die Sitzhöhe mit 870 mm erfreulich moderat, lässt sich sogar auf 850 mm variieren, so dass selbst Fahrer unter 1,80 m mit den Füßen noch den Boden erreichen.