Mit Einspritzung: KTM 250 und 300 EXC TPI
Gedauert hat es gut zehn Jahre, ehe KTM ihre erste Zweitakt-Sportenduro mit Einspritzung vorstellte. Nötig war es schon wegen der für 2017 von der EU vorgeschriebenen Euro4-Norm. Aber auch im praktischen Einsatz der Maschinen bietet die Einspritzung nur Vorteile
- Ingo Gach
Es wurde lange gemunkelt, dann als Gewissheit unter den Enduristen weitergegeben: KTM arbeitet an einem Zweitaktmotor mit Einspritzung. Während andere Hersteller den Zweitakter längst aufgegeben haben, glaubt KTM an eine Zukunft des Prinzips im Geländesport, denn er bietet immer noch die Vorteile des einfachen Aufbaus, geringen Gewichts und raschen Ansprechverhaltens. Die KTM 250 EXC TPI und 300 EXC TPI sind die ersten Serien-Zweitaktmotorräder mit Einspritzung, die Chancen auf eine weitere Verbreitung haben. Die erste Serien-Zweitaktmaschine mit Einspritzung war bereits 1973 die Motobécane 350, von der allerdings nur vier Stück verkauft wurden. Auch später gab es Versuche wie 1997 mit der Bimota VDue, die jedoch nie vernünftig lief und dann doch wieder auf Vergaser zurückgerüstet wurde. Das wird bei KTM sicher nicht passieren.
Gut zehn Jahre Entwicklungsarbeit waren nötig, ehe die Österreicher nun ihre erste Zweitakt-Sportenduro mit Einspritzung vorstellten. Nötig war es schon wegen der für 2017 von der EU vorgeschriebenen Euro4-Norm für Motorräder. Aber auch im praktischen Einsatz der Maschinen bietet die Einspritzung nur Vorteile, wie sich bei der Präsentation am berühmt-berüchtigten Erzberg zeigte.
Mit Einspritzung: KTM 250 und 300 EXC TPI (15 Bilder)

EinspritzdĂĽsen aus den Viertaktmodellen
Nachdem die Entwicklungsabteilung in Mattighofen zunächst eine Direkteinspritzung mit dem dafür nötigen, hohen Einspritzdruck ausprobiert hatte, mit dem Ergebnis aber nicht zufrieden war, stieg sie auf eine Niederdruckeinspritzung mit 3,5 bar in die Überströmkanäle um. Die neue elektronische Kraftstoffeinspritzung heißt wegen ihrer Lage „TPI“ wie „Transfer Port Injection“, weil sie eben in die Überströmkanäle („Transfer Ports“) einspritzt. Weil der Motor (wie die meisten Zweitakter) zwei Kanäle hat, arbeitet die Anlage mit zwei Einspritzventilen an den Seiten des neu entwickelten Zylinders.
Das Steuergerät berechnet nun aufgrund von etlichen Parametern wie der Außentemperatur, des Luftdrucks und der Gasgriffstellung die exakte benötigte Menge an Benzin-Öl-Luft-Gemisch. Früher mussten an den Vergasern die Bedüsung und Nadelposition je nach Einsatz gewechselt werden, und trotzdem liefen die Motoren häufig zu mager oder zu fett, wenn viele Höhenmeter überwunden wurden oder die Temperatur schwankte. Jetzt arbeiten die Einspritzmotoren immer im optimalen Bereich, was der Fahrer am stets kräftigen Antritt des Einzylinders und spontaner Gasannahme merkt.
Endlich wieder ein Ă–ltank
Die Grundzüge des Motors sind vom Vergasermodell übernommen. Das bietet den Vorteil, dass der Käufer auf bewährtes Material vertrauen kann. Eine weitere gute Nachricht: Ab sofort verfügen die EXC-Modelle endlich über einen externen Öltank, der direkt hinter dem Lenkkopf platziert wurde. Das gab es früher grundsätzlich bei Zweitaktern, nur die Offroad-Sportmotorräder haben bislang darauf verzichtet. Der 0,7-Liter-Öltank soll für fünf bis sechs Benzintankfüllungen ausreichen. Niemand muss mehr selber Öl mit Benzin mischen, um dann beim richtigen Mischungsverhältnis vielleicht doch daneben zu liegen. Auch diese Aufgabe übernimmt nun der Computer. Eine elektronische Ölpumpe liefert stets die korrekte Ölmenge und spritzt sie direkt in das Zylinderkurbelgehäuse. Die neuen Dell’Orto-Drosselklappenkörper mit 39 mm Durchmesser geben das benötigte Luft-Gas-Gemisch hinzu. Ein Ventil, das über zwei Gasbowdenzüge mit dem Gasdrehgriff am Lenker verbunden ist und über einen neuen Gasdrehgriff betätigt wird, reguliert die Luftmenge.
Keine Choke-Fummelei mehr
Fummeleien mit dem Choke entfallen ebenfalls, ein Bypass-Ventil öffnet sich beim Kaltstart, um einen zuverlässigen Start zu ermöglichen. Die beiden Zweitaktmodelle behielten übrigens neben dem E-Starter ihren Kickstarter, falls die Batterie mal leergeorgelt sein sollte. Was jedem Zuschauer auffallen wird: Der Zweitaktnebel gehört weitestgehend der Vergangenheit an. Durch die Berechnung des Steuergeräts reduziert sich der Rauchausstoß des Auspuffs um bis zu 50 Prozent, auch wenn der typische Zweitaktsound und –geruch immer noch präsent ist. Öl verdampft also kaum noch, aber auch weniger unverbranntes Gemisch wird dank der präzisen Einspritzsteuerung in den Auspuff gerissen.
Die Einspritzung ermöglicht nicht nur die Einhaltung der Euro4-Norm, sondern reduziert auch den Verbrauch, was die Wettbewerbsfahrer – und für die sind die beiden Zweitakt-Sportenduros konzipiert worden – freuen wird. Die bisherigen Vergasermodelle hatten, trotz größeren Tanks als die Viertakt-EXCs, eine geringere Reichweite.