US-Urteil zu Druckerpatronen: Patente sind keine Waffe gegen Refiller

Wer ein Produkt verkauft, gibt auch seine Patentrechte an dem verkauften Stück auf. Diese Entscheidung des Supreme Court klingt banal, ist aber bahnbrechend. Sie fördert den Wettbewerb zulasten Firmen wie Lexmark oder John Deere.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 330 Kommentare lesen
Arbeiter mit zerlegter Druckerpatrone

Impression Products verstößt mit dem Wiederbefüllen von Druckerpartonen nicht gegen US-Patentrecht. Dieses höchstgerichtliche Erkenntnis ist auch ein Sieg für Verbraucher.

(Bild: Impression Products)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

"Heute wurde ein großer Sieg für den freien Wettbewerb errungen", sagte die Rechtsprofessorin Robin Feldman am Dienstag im Radioprogramm Bloomberg Law. Der US Supreme Court hatte gerade gegen den Druckerhersteller Lexmark entschieden. Lexmark hatte unter Berufung auf ein Patent versucht, den Weiterverkauf gebrauchter Druckerpatronen zu verhindern. Dieser Einflussnahme über den Verkauf der Patronen hinaus erteilte das Höchstgericht eine Absage und stellte damit jahrzehntelange Rechtsprechung untergeordneter Bundesgerichte auf den Kopf.

Robin Feldman leitet das Institut für Innovationsrecht

(Bild: UC Hastings)

"Nach dem Erschöpfungsgrundsatz endet das Patentrecht an einem Stück, sobald es verkauft ist", erklärte Feldman, die an der University of California Hastings lehrt. "Mit anderen Worten, wenn ich einen Hammer kaufe, sollte ich damit jeden beliebigen Nagel einschlagen oder den Hammer an jedermann weiterverkaufen dürfen." Es wäre schlecht für den Wirtschaftskreislauf, wenn Patentinhaber das unterbinden könnten.

Anlass war eine Klage Lexmarks. Der Druckerhersteller hatte Druckerpatronen in den USA in zwei Varianten, zum Vollpreis und rabattiert, angeboten. Bei den rabattierten Patronen verbat sich Lexmark Weiterverkauf und Wiederverwendung. Außerdem verkaufte Lexmark Patronen im Ausland. Als die Firma Impression Products sowohl rabattierte Patronen als auch importierte Patronen wiederbefüllte und verkaufte, klagte Lexmark wegen Patentverletzung. Auf einen Teilsieg in erster und einen umfassenden Sieg in zweiter Instanz folgte nun die endgültige Niederlage vor dem US Supreme Court.

"Wir stellen fest, dass die Entscheidung eines Patentinhabers, ein Produkt zu verkaufen, alle Patentrechte an diesem Stück erschöpft, egal, welche Einschränkungen der Patentinhaber zu machen vorgibt oder wo der Verkauf erfolgt ist", heißt es in der Entscheidung. Der letzte Punkt ist beachtlich, weil der US Supreme Court damit weltweite Erschöpfung feststellt. Dieser Punkt ist nicht einstimmig, aber mit 7:1 Richterstimmen doch deutlich ausgefallen.

Damit können Patentinhaber die Erschöpfung nach US-Recht nicht dadurch umgehen, dass sie ihre Ware im Ausland in Verkehr bringen. Grauimporte von Waren, die im Ausland deutlich günstiger sind, werden also erleichtert. Das könnte beispielsweise das Preisgefüge bei Medikamenten erheblich verändern.

"Wir hören auf das, was unsere Kunden sagen", behauptete Lexmark vor einigen Jahren.

(Bild: Screenshot)

Das Gericht untermauert sein Urteil mit dem Beispiel einer Kfz-Werkstatt, die Gebrauchtfahrzeuge kauft, repariert und weiterverkauft. Dieses Geschäft wäre kaum praktikabel, könnte jeder Inhaber eines Patents an irgendeinem Bauteil eines Fahrzeugs Einschränkungen auferlegen. Das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung der Hersteller, insbesondere des Traktorenfabrikanten John Deere.

John Deere versucht Bauern zu verbieten, ihre Traktoren selbst zu reparieren oder zu modifizieren. Zwar beruft sich der Hersteller dabei auf das Copyright, doch bezeichnet das Gericht in seiner Entscheidung Copyright als ähnliche Materie und verweist auf den berühmten Kirtsaeng-Fall aus 2013. Damals hat der Supreme Court den Grundsatz der weltweiten Erschöpfung für das Copyright festgestellt. Und bereits 2004 war Lexmark dabei gescheitert, Refiller mit Copyright-Argument zu stoppen.

Das aktuelle Urteil enthält jedoch eine grundsätzliche Einschränkung: Es bezieht sich nur auf das Patentrecht. Durch Verträge können Verkäufer ihren Kunden weiterhin verbieten, Waren weiterzuverkaufen oder mehrmals zu verwenden.

Solche Klauseln sind allerdings in der Regel nur schwer durchsetzbar. Lexmark beispielsweise müsste dann von jenen Kunden Schadensersatz verlangen, die gebrauchte Patronen weitergegeben haben, könnte sie aber nicht beim Gebrauchthändler konfiszieren lassen.

Zudem bezieht sich die Entscheidung nur auf verkaufte Waren. Offen ist, welche Macht Patentinhabern bleibt, wenn sie ihr Eigentum an einem Stück nicht aufgeben, sondern es als Dienstleistung anbieten oder zum Gebrauch lizenzieren.

(ds)