Es geht auch einfacher

Mit einer elektronischen PKW-Maut springt die EU in die richtige Richtung – aber zu kurz.

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Sie ist noch nicht einmal eingeführt, da ist ihr Ende schon absehbar: Die Pkw-Maut von Bundesautoverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) soll 2019 in Deutschland in Kraft treten, aber bereits acht Jahre später schon wieder durch eine europaweite Regelung ersetzt werden. So sehen es Pläne der EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc vor. Danach sollen Länder zwar selbst entscheiden können, ob sie eine Maut einführen oder nicht. Mitgliedsstaaten, die bereits eine Maut haben, sollen ab 2027 allerdings ein europaweit einheitliches, kilometerabhängiges elektronisches System nutzen. Das wäre dann das Ende für Vignetten an der Windschutzscheibe.

Die Idee, eine Flatrate für die Autobahn durch eine streckenabhängige Gebühr zu ersetzen, klingt erst einmal vernünftig. Wer die Straßen am stärksten nutzt, sollte auch am meisten zahlen. Außerdem sollen "externe Kosten" wie Lärm, Umweltbelastung und Stau in die Höhe der Maut einfließen können. Auch das entspricht dem Verursacherprinzip. Und dass eine europaweit einheitliche Regelung besser ist als ein Flickenteppich unterschiedlicher Systemen, bedarf wohl keiner Diskussion.

Die Frage ist nur: Kann man die gleichen Ziele nicht auch einfacher erreichen? Wir erinnern uns: Die Einführung der LKW-Maut in Deutschland war ein technologisches und ökonomisches Desaster. Was genau berechtigt Bulc zu der Annahme, bei einem noch ambitionierteren Projekt könne es besser laufen? Zudem wäre die Erfassung aller Fahrwege ein Datenschutz-Albtraum.

Würde die Maut hingegen auf den Spritpreis umgelegt,

  • hätte das die gleiche Lenkungswirkung wie eine kilometerabhängige Maut,
  • wäre das einfach und anonym,
  • würden sparsame Fahrzeuge bevorzugt,
  • gäbe es keinen Anreiz, zur Mautvermeidung auf kleine Straßen auszuweichen.

Eine europaweite Abgabe pro Liter Sprit liefert auch keinen Anreiz mehr zum Tanktourismus – ein sonst gerne angeführtes Gegenargument.

Allerdings lässt sich nicht alles über Spritpreise regeln – Schadstoff-Emissionen jenseits des CO2, Lärm oder Stau beispielsweise nicht. Doch dafür gibt es andere Instrumente: Die Schadstoffklasse geht in die Kfz-Steuer ein, für den Lärm gibt es Grenzwerte (deren Einhaltung allerdings besser kontrolliert werden könnte), und für Staus zahlen die Leute mit ihrer Zeit. Wozu also braucht es neben Kfz-Steuer und Sprit-Abgaben noch ein drittes Instrument?

Bleibt die Frage, ob überhaupt zusätzliches Geld eingetrieben werden muss. Klar, die Brücken und Straßen bröckeln vor sich hin. Aber das liegt nicht daran, dass die Autofahrer zu wenig für die Infrastruktur zahlen würden, sondern daran, dass ihre ganzen Abgaben in irgendwelchen Haushalten versickern. Andererseits beteiligen sich die Autofahrer überhaupt nicht an den Gesundheitskosten durch Unfälle und Umweltverschmutzung.

Statt nun also wieder aufs Geratewohl und mit gewaltigem Aufwand ein weiteres Finanzierungsinstrument aufzubauen, wäre der erste Schritt, die wahren externen Kosten des Autoverkehrs zu ermitteln. Dann erst käme die Frage, wie man diese Summe zwischen kilometerabhängigen und fixen Kosten umlegt und eintreibt. Ob es dazu wirklich eine Maut braucht, käme in diesen Überlegungen ganz weit hinten.

(grh)