Abgasbetrug: Ex-Audi-Manager will aussagen

Der seit vergangener Woche wegen des Abgasbetrugs inhaftierte Ex-Audi-Manager will mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten. Sein Anwalt Walter Lechner sagte der Süddeutschen Zeitung: „Mein Mandant kooperiert mit der Staatsanwaltschaft, um seinen Beitrag zur Aufklärung zu leisten.“

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Abgasbetrug: Ex-Audi-Manager will aussagen
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  • dpa

Der seit vergangener Woche wegen des Abgasbetrugs inhaftierte Ex-Audi-Manager will mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten. Sein Anwalt Walter Lechner sagte der Süddeutschen Zeitung (Ausgabe von heute, 10.Juli 17): „Mein Mandant sagt aus. Er kooperiert mit der Staatsanwaltschaft, um seinen Beitrag zur Aufklärung des Sachverhalts zu leisten.“ Der festgenommene Mann war einer der führenden Motorenentwickler bei der Volkswagen-Tochter Audi und ist offenbar stark in die Betrugsaffäre verwickelt.

Der bei Audi 2004 entwickelte V6-Diesel gehört zu den betroffenen Motoren. Später wurde er konzernweit eingebaut.

(Bild: Audi)

Die Münchener Staatswanwaltschaft hatte am Freitag mitgeteilt, dass ihm Betrug und unlautere Werbung vorgeworfen werden. Dem Zeitungsbericht zufolge hat die Staatsanwaltschaft Erkenntnisse, dass er dazu beigetragen hat, die amerikanischen Umweltbehörden jahrelang mit manipulierten Schadstoffwerten über den wahren Abgasausstoß von Diesel-Fahrzeugen zu täuschen. Sein Anwalt sieht die Verantwortung dafür aber nicht bei seinem Mandanten. „Fest steht jedenfalls, dass mein Mandant nicht die unternehmenspolitische Entscheidung hierfür treffen konnte und auch nicht getroffen hat.“

Der Ex-Audi-Manager ist der erste, der hierzulande wegen geschönter Abgaswerte verhaftet wurde. Laut Informationen von Spiegel Online und Bild war er bis 2015 als leitender Motorenentwickler in Neckarsulm auch für Abgaswerte zuständig gewesen. Die US-Justizbehörden hatten am Donnerstag in den USA Strafantrag gegen den heute 60-jährigen Italiener eingereicht. Von 2006 bis November 2015 hatte er in Neckarsulm ein Ingenieurteam geleitet, das Abgasreinigungssysteme entwickelt habe.

Laut Strafantrag erkannten er und seine „Mitverschwörer“, dass ihre Dieselmotoren die Stickodid-Grenzwerte in den USA nicht einhalten könnten. Daraufhin habe er „Audi-Mitarbeiter angewiesen, Software zu entwickeln und einzubauen, mit der die standardmäßigen US-Abgastests getäuscht werden“, so der Vorwurf der US-Justiz. Ein ehemaliger Mitarbeiter und E-Mails belasteten den Beschuldigten schwer, berichtete die Bild-Zeitung. Im Audi-Geschäftsbericht 2007 war der Motorenentwickler zusammen mit einem Kollegen dafür gelobt worden, dass Audi jetzt den „saubersten Diesel der Welt“ anbiete.

Die Münchener Staatsanwaltschaft hatte den Namen und die Rolle des bereits am Montag aufgrund eines Haftbefehl des Ermittlungsrichters festgenommenen Mannes nicht bekanntgegeben. Die Verhaftung sei nicht im Auftrag der US-Justiz erfolgt, sondern aufgrund eigener Ermittlungen, sagte eine Sprecherin. Die US-Justiz könne seine Auslieferung beantragen; dann müsste das Oberlandesgericht München darüber entscheiden.

Die Münchner Justiz hatte im März die Audi-Zentrale in Ingolstadt, VW-Konzernbüros und die von VW mit internen Ermittlungen in der Diesel-Affäre betraute US-Anwaltskanzlei Jones Day durchsuchen lassen. Wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung ermittelt die Staatsanwaltschaft noch gegen mehrere andere Beschuldigte bei Audi. Aber „Mitglieder des Vorstands sind nicht betroffen“, betonte die Sprecherin am Freitag. Ein Audi-Sprecher in Ingolstadt lehnte jeden Kommentar ab.

Der nun ins Visier geratene, bereits 2015 beurlaubte Audi-Manager ist bereits der achte Mitarbeiter im Volkswagen-Konzern, gegen den die US-Justiz Strafanzeige gestellt hat. Einer wurde Anfang des Jahres in Florida verhaftet und wartet auf seinen Prozess. Ein anderer hatte im September 2016 ein Geständnis abgelegt und ist als Kronzeuge gegen Kaution auf freiem Fuß. Die anderen vermutet die US-Justiz in Deutschland, von wo ihnen als Bundesbürger keine Auslieferung in die USA droht.

Volkswagen hatte die Manipulationen nach Vorwürfen der US-Umweltbehörden im September 2015 zugegeben und Vergleiche geschlossen. Die Kosten summieren sich inzwischen auf mehr als 22 Milliarden Euro. Die US-Justiz versucht aber weiter, persönlich Verantwortliche strafgerichtlich zu belangen. In Deutschland ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig wegen Betrugsverdachts gegen fast 40 Beschuldigte. Daneben gibt es in Europa unzählige Klagen von Aktionären und Autobesitzern gegen Volkswagen. (fpi)