Post aus Japan: Das lange Leben der alten Akkus

Lithium-Ionen-Batterien sind auch bei Autos auf dem Vormarsch. Doch Nickel-Metallhydrid-Akkus aus der Anfangszeit der Hybridautos behaupten sich – wenigstens bei Toyota.

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Von
  • Martin Kölling
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Immer wenn ich Elektro- oder selbst Hybridautos höre, denke ich "Lithium-Ionen-Akku". Automatisch. Denn dieser Typ bietet eine höhere Energiedichte als Nickel-Metallhydrid-Akkus (NiMh), mit denen Toyota und Honda vor 20 Jahren die Karriere der Hybridautos begonnen haben. Dabei sollte ich es besser wissen: Der größte Anbieter von wenigstens teilweise elektrifizierten Fahrzeugen, Japans Branchenprimus Toyota, hält NiMh-Akkus die Treue. Dies zeigt die neueste Version seines amerikanischen Dauerbrenners Camry nur zu deutlich.

Im Hauptmarkt der Mittelklasselimousine, in den USA, wird der Camry Hybrid sowohl mit Lithium-Ionen- als auch NiMh-Akkus ausgeliefert. Und über die Beigabe des teureren Lithium-Ionen-Akkus entscheidet Toyota nach einem komplexen Mix aus Prioritäten (sportlich oder sparsam) oder Kaufpreis der Modelle im Vergleich mit der Konkurrenz, erklärte mir Masato Katsumata, der Chefingenieur des Camry beim Japan-Start des Modells.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Zusätzlich dürfte natürlich auch die Gewinnmarge Toyotas eine Rolle spielen. Außerdem seien NiMh-Akkus einfacher zu handhaben, sagte mir ein Experte vom Akku-Weltmarktführer Panasonic. Wie dem auch sei: Im Falle des Camry entschied sich Toyota nun interessanterweise dazu, dass das Einstiegsmodell, die Hybridausgabe des Camry LE, mit einem Lithium-Ionen-Akku herumsurrt, während die sportlicheren Versionen SE und XLE weiterhin NiMh-Akkus spazierenfahren.

Auf den ersten Blick erscheint das widersprüchlich. Doch Toyota hat sich beim ohnehin leichteren Einstiegsmodell werbewirksam auf den Kraftstoffverbrauch konzentriert – und daher einen eigentlichen Spitzen-Akku spendiert, der zwar teurer, aber dafür leichter ist. Zudem ist seine Kapazität mit vier Amperestunden auch noch 2,5 Amperestunden geringer als die NiMh-Akkus in den teureren Modellen. Und schwupps, rutscht der Verbrauch auf durchschnittlich 52 Meilen pro Gallone, also 4,5 Liter pro 100 Kilometer, was in den USA für einen 200-PS-Schlitten anscheinend eine gute Leistung ist.

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Die teureren und 100 Kilogramm schwereren Modelle kommen hingegen mit dem billigeren Akku-Typ daher – um die Autos nicht teurer zu machen. Im Preisfindungsschach tauscht Toyota also bessere Ausstattung und Kaufpreis gegen leicht bessere Verbrauchswerte. Für die gehobenen Modellreihen gibt Toyota den Durchschnittsverbrauch mit 46 Meilen pro Gallone (5,1 Liter pro 100 Kilometer) an.

In amerikanischen Internetforen fiel das zwar sofort auf. Schnell wurde festgestellt, dass der neue Camry hinter Hondas Accord zurückbleibt. Aber Toyota hofft offenbar, dass die Kunden bei den derzeit immer noch recht niedrigen Spritpreisen mehr Wert auf Komfort und den Kaufspreis als Pfennigfuchserei an der Tankstelle legen.

Ich frage mich allerdings, wie lange Toyota bei seiner Güterabwägung noch auf seinen bisherigen Lieblingsakku setzen wird. Schließlich steigt die Energiedichte der Lithium-Ionen-Akkus recht schnell. Panasonic will sie verglichen mit 2016 bis 2020 verdoppeln. Damit sinken dann auch die Preise pro Reichweite. Zusätzlich wächst die Lust vieler Kunden auf Elektroautos und Plug-in-Hybride, die generell mit Lithium-Ionen-Akkus bestückt werden. Ich denke, dass die Tage von NiMh-Akkus auch bei Toyota bald gezählt sein dürften.

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