Astronautin wird Vizekönigin Kanadas

Königin Elisabeth II. hat die Astronautin Julie Payette zu Generalgouverneurin Kanadas ernannt. Sie war 1999 die erste Kanadierin auf der Internationalen Raumstation (ISS).

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Astronautin wird Vizekönigin Kanadas

Julie Payette im Cockpit des Spaceshuttle Endeavour (2009)

(Bild: NASA)

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Die kanadische Astronautin Julie Payette wird nächste Generalgouverneurin ihres Landes. Königin Elisabeth II. hat dem entsprechenden Vorschlag Premierminister Justin Trudeaus zugestimmt. Payette soll das Amt im Herbst antreten. Die 53-Jährige hat sich Verdienste um Wissenschaft, Gesundheit, Sport, Wirtschaft und Fraueninteressen erworben.

Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt als designierte Generalgouverneurin bezeichnet Payette "Toleranz, Offenheit und Zusammenarbeit" als die zentralen Werte des Landes. Sie bat um Geduld für die Ausarbeitung des Programms für ihre Regentschaft, und fügte lächelnd hinzu: "Sie können sich aber wahrscheinlich vorstellen, dass ein Teil davon etwas mit Wissenschaft, Technik, und dem Vorwärtsstreben in der Wissensgesellschaft zu tun haben könnte."

Die zukünftige Vizekönigin des zweitgrößten Landes der Erde wurde 1963 in Montreal geboren. Sie studierte Elektrotechnik und Informatik, wobei sie sich auf Sprachverarbeitung spezialisierte. In diesem Bereich forschte sie später für IBM, Bell Canada und die NATO. 1992 bewarb sie sich erfolgreich bei der kanadischen Raumfahrtagentur Canadian Space Agency. Im Mission Control Center der NASA in Houston war Payette mehrere Jahre lang in der wichtigen Funktion des Capsule Communicator beziehungsweise Lead Capsule Communicator tätig.

1999 war sie beim zweiten Flug (STS-96) zur Internationalen Raumstation (ISS) dabei und somit der erste kanadische Astronaut auf der ISS. Teil der Ladung waren damals auch sechs IBM ThinkPad mit Pentium-MMX-CPU, wie die c't damals kurz meldete (c't 13/99, S. 26). Von 2000 bis 2007 war Payette Chefastronautin der Canadian Space Agency, bevor sie 2009 noch einmal eine ISS-Mission durchführen durfte (STS-127).

Laut offizieller Biographie spricht sie sechs Sprachen fließend und wurde mit mehreren hohen Orden sowie 27 Ehrendoktorwürden ausgezeichnet. Nach ihrer Raumfahrtkarriere arbeitete die Quebecerin weiter in Forschung, Lehre und Wissenschaftskommunikation. Außerdem engagierte sie sich für Sport und Kultur sowie gegen Drogensucht. Gegenwärtig ist sie Verwaltungsrätin einer kanadischen Bank.

Die offizielle Flagge des Generalgouverneurs Kanadas

Payette wird die 29. Generalgouverneurin seit der Unabhängigkeit Kanadas vor 150 Jahren und die vierte Frau in dem Amt. Amtsinhaber ist der aus Ontario stammende Rechtswissenschaftler David Johnston. Der Generalgouverneur ist Vizekönig; er vertritt also den Monarchen, auch als Oberbefehlshaber des kanadischen Militärs.

Zu den Aufgaben gehören insbesondere die (in aller Regel gewährte) Zustimmung zu Gesetzen, die Ernennung der Mitglieder des Kronrats, des Premierministers sowie (auf Vorschlag des Premierministers) der Vizegouverneure und fast aller Senatoren des Landes sowie diplomatische Tätigkeiten und Zeremonien. Der Generalgouverneur kann Neuwahlen zum Unterhaus ausrufen und auch das Zusammentreten des Parlaments unterbinden. Letzteres geschah zuletzt 2008, um ein Misstrauensvotum gegen die damalige konservative Minderheitsregierung zu verhindern.

Die Dauer der Funktionsperiode ist vom Wohlwollen des Monarchen abhängig. Inklusive Johnston haben bisher zwölf Generalgouverneure Elisabeth II. in Kanada vertreten und dabei jeweils vier bis fast acht Jahre gedient. Die zehn Provinzen Kanadas haben ihre eigenen Vizegouverneure (englisch "Lieutenant Governor"). (ds)