Hintergrund: Kamera-Verschlüsse und ihre Funktion

Der Kameraverschluss dient der Steuerung der Belichtungsdauer. Das ist die Zeit, die für die Belichtung des Sensors freigegeben wird um eine Aufnahme zu machen. Üblich sind der Schlitz- und der Zentral-Verschluss sowie der elektronische Verschluss.

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Hintergrund: Kamera-Verschlüsse

(Bild: Pixabay/CC0)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dr. Christoph Jehle
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Es war bereits das dritte Mal, dass Nikon in der vergangenen Woche Fehler in der Produktion der Verschlüsse seines DSLR-Modells D750 einräumen musste. Bildfehler waren die Folge. Doch warum brauchen Kameras mit digitalem Sensor überhaupt noch einen mechanischen Verschluss? Und was sind die Unterschiede zwischen verschiedenen mechanischen und elektronischen Varianten?

Bei den ersten Kameras, deren lichtempfindliche Schicht noch eine Belichtungszeit von mehreren Sekunden bis hin zu Minuten benötigte, genügte noch vielfach der Objektivdeckel, um die Belichtungszeit durch Abnehmen und Aufsetzen zu steuern. Mit zunehmender Empfindlichkeit der Aufnahmematerialien kamen die ersten mechanischen Verschlüsse zum Einsatz.

Bei den Verschlüssen, mit welchen die Belichtungszeit des Sensors oder des Film gesteuert wird, unterscheidet man zwischen den meist im Objektiv eingebauten Zentralverschlüssen und den so nah wie möglich vor der Sensorebene liegenden Schlitzverschlüssen. Zu diesen mechanischen Verschlüssen kommen noch die elektronischen Verschlüsse, die ohne bewegliche Elemente auskommen.

Mit dem Aufkommen der CMOS-Sensoren änderten sich die Anforderungen an Verschlüsse. Bei CMOS-Sensoren kann eine Aufnahme bei offenem Verschluss (Life View) gestartet werden. Wichtig ist der Verschluss hier nur, um den Lichtstrom auf den Sensor zu beenden, damit der Sensor vollständig ausgelesen werden kann, ohne dass er neue Informationen erhält.

Zentralverschlüsse ähneln vom Aufbau her einer Blende mit mehreren Lamellen. Im Unterschied zu den üblichen Blendensystemen lässt sich der Zentralverschluss jedoch vollständig schließen. Die Zentralverschlüsse sind üblicherweise an der Stelle im Objektiv eingebaut, an welcher der Strahlengang am stärksten gebündelt ist, der benötigte Durchlass dafür also den geringst möglichen Durchmesser hat. Je kleiner der Weg, desto höher die möglicher Verschlussgeschwindigkeit. Je höher die Verschlussgeschwindigkeit, desto kürzer die realisierbare Verschlusszeit.

Ein wichtiger Vorteil der Zentralverschlüsse ist eine kurze Synchronzeit. Unter Synchronzeit versteht man die kürzeste Verschlusszeit, in der ein Verschluss das gesamte Bildfeld zur Belichtung freigibt. Ein Blitzsystem, dass in diesem Zeitfenster ausgelöst wird, ermöglicht eine gleichmäßige Ausleuchtung über das gesamte Bild.

Die Synchronzeit erreicht bei aktuellen Zentralverschlüssen Zeiten von 1/1000 Sekunde. Ein Nachteil besteht darin, dass der Verschluss in jedem einzelnen Objektiv verbaut werden muss. Heute kommen Zentralverschlüsse im Bereich der bildmäßigen Fotografie in der Hauptsache bei Großbild- und Mittelformatkamerasystemen zum Einsatz.

Das Gegenstück zum Zentralverschluss ist der Schlitzverschluss. Er ist in der Kamera eingebaut und verbreitete sich vorwiegend mit dem Aufkommen von Kamerasystemen mit Wechselobjektiven. Die ersten Schlitzverschlüsse waren sogenannte Tuchverschlüsse. Hier wurde ein textiles Rollo aus zwei Verschlussvorhängen meist horizontal bewegt. Die Synchronzeit ist auch in diesem Fall die Zeit, in welcher der Verschluss vollständig geöffnet ist. Spätere Schlitzverschlüsse ersetzten das Textil durch dünne Metallfolien. Mit den aufkommenden Metall-Lamellen-Schlitzverschlüssen und ihrem geringeren Platzbedarf wechselte die Ablaufrichtung der Verschlüsse von horizontal zu vertikal. Bei den meist rechtwinkligen Bildformaten verkürzte sich damit auch der von den Verschlussvorhängen zurückzulegende Weg. Ein Nachteil der Schlitzverschlüsse besteht in den vergleichsweise langen Synchronzeiten.

Bei den elektronischen Verschlüssen gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Varianten. Der eine nutzt eine zumeist hinter dem Objektiv (Hinterlinsenverschluss) angeordnete lichtdurchlässige, plane Platte, die durch Anlegen einer elektrischen Spannung lichtundurchlässig wird. Im Bereich der bildmäßigen Fotografie mit Kameras hat sich diese Technik jedoch bislang nicht durchsetzen können. Die zweite Verschluss-Variante arbeitet, indem der Bildsensor Zeile für Zeile ausgelesen wird. Der Vorteil: Hier kommen keinerlei mechanische Bauteile zum Einsatz. Der Nachteil liegt darin, dass das zeilenmäßige Auslesen zur Streifenbildung bei bewegten Motiven führt (Rolling Shutter).

Je schneller und gleichmäßiger künftige Sensoren ausgelesen werden können, desto größer ist die Chance, dass die elektronischen Verschlüsse (Global Shutter) die mechanischen ablösen können.

Mechanische Kameraverschlüsse neigen bei längerer Nichtbenutzung dazu, zu verharzen. Dadurch verlängern sich die Ablaufzeiten des Verschlusses. Wer den Verschluss seiner Kamera im Verdacht hat, sich für den Ablauf zuviel Zeit zu lassen, kann dies auch selbst testen. (msi)