BGH: "Sofortüberweisung" darf nicht einziges Gratis-Bezahlverfahren sein

Der Bundesgerichtshof hat ein Landsgerichtsurteil bestätigt, wonach auf dem Reiseportal start.de Abbuchungen über den Dienst "Sofortüberweisung" nicht als einziges Zahlungsinstrument ohne Zusatzkosten angeboten werden dürfen.

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BGH: "Sofortüberweisung" darf nicht einziges Gratis-Bezahlverfahren sein

(Bild: Wikipedia, CC0)

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Online-Händler dürfen den Abbuchungsdienst "Sofortüberweisung" nicht als einziges unentgeltliches Zahlungsmittel anbieten. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom Dienstag (Az.: KZR 39/16) entschieden. Die Karlsruher Richter hoben damit einen anderslautenden Berufungsbeschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt auf und bestätigten stattdessen den ursprünglichen Spruch des Landgerichts der Mainmetropole vom Juni 2015. Der Service der Sofort AG stellt demnach ein "unzumutbares Zahlungsmittel" dar.

Geklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) gegen die Deutsche-Bahn-Tochter DB Vertrieb. Diese hatte auf ihrem Reiseportal start.de als Zahlungsmethode für einen innerdeutschen Flug zu einem Preis von rund 120 Euro neben einer Sofortüberweisung nur Kreditkartenzahlung gegen zusätzliches Entgelt von 12,90 Euro angeboten. Der Bundesgerichtshof sieht darin gemeinsam mit den Landgerichtskollegen einen Verstoß gegen Paragraph 312 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wonach der Verbraucher regelmäßig zumindest eine zumutbare Möglichkeit haben sollte, ohne Zusatzkosten zu bezahlen.

Als Beispiel für gängige und akzeptable Möglichkeiten wertete die erste Instanz die Barzahlung, eine Zahlung mit EC-Karte, eine Überweisung oder einen Lastschrifteinzug. Schon Kreditkarten kämen nur in Frage, wenn ihr Einsatz in der Situation "weithin üblich ist und mehrere am Markt verbreitete Kredit- und Zahlungskarten unentgeltlich eingesetzt werden können".

Bei "Sofortüberweisung" müsse der Verbraucher dagegen einem Dritten sensible Kontozugangsdaten mitteilen und in den Abruf weiter Kontoinformationen einwilligen, befanden die Richter. Dadurch erhalte der Dienstleister umfassenden Einblick in Finanzdaten, "die auch zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen genutzt werden könnten". Zudem müsse der Kunde der Sofort AG personalisierte Sicherheitsmerkmale wie PIN und TAN mitteilen. Dies berge "erhebliche Risiken für die Datensicherheit" und eröffne große Missbrauchsmöglichkeiten. Den Kunden müssten also weitere kostenlose Zahlungsmöglichkeiten angeboten werden.

Mit dem BGH-Urteil sieht Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin beim vzbv, die Rechte von Verbrauchern beim Bezahlen im Internet gestärkt. Die einzige kostenlose Bezahlmöglichkeit dürfe Kunden nicht zwingen, "gegen das Verbot ihrer Bank zu verstoßen, sensible Daten an einen externen Dienstleister zu übermitteln", betonte die Juristin. "Mit diesem Gratisangebot drängte start.de Verbraucher in ein Haftungsrisiko."

Zwischenzeitlich hat der Bundestag einen Gesetzentwurf verabschiedet, wonach Händler von Anfang Januar 2018 an generell keine gesonderten Gebühren mehr für Kartenzahlungen, Überweisungen und Lastschriften bei Buchungen sowie Einkäufen übers Internet und im Laden verlangen dürfen. Wer online etwa eine Reise bucht und mit Kreditkarte zahlen will, muss künftig also keinen Aufschlag mehr berappen.

"Zahlungsauslösedienstleister" wie der Firma Sofort hat der Gesetzgeber zugleich EU-Vorgaben folgend einen Anspruch auf Zugang zu "ausgewählten" Kontoinformationen verschafft, wenn der Kontoinhaber einwilligt. Banken können einen solchen Austausch nicht mehr ablehnen. Die Dienstleister sollen ferner der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterstellt werden und erhalten im Gegenzug EU-weit Zutritt zum Zahlungsverkehrsmarkt. (anw)