EuGH stoppt geplantes Fluggastdaten-Abkommen der EU mit Kanada

Das geplante Abkommen über den Austausch sogenannter Fluggastdaten mit Kanada verstößt gegen europäische Grundrechte. Das haben die Luxemburger Richter am Mittwoch entschieden und damit die laute Kritik an dem Fluggastdaten-Abkommen bestätigt.

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EuGH stoppt geplantes Fluggastdaten-Abkommen der EU mit Kanada
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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) ist der Einschätzung des Generalanwalts Paolo Mengozzi gefolgt und hat das geplante Abkommen zum Austausch von Fluggastdaten mit Kanada gestoppt, berichtet die dpa. Die Richter in Luxemburg urteilten demnach am Mittwoch, dass mehrere der vorgesehenen Bestimmungen nicht mit den von der Europäischen Union anerkannten Grundrechten vereinbar sind. Zu diesem Schluss war auch schon Mengozzi in seinem Schlussantrag gekommen, als er das Abkommen in seiner jetzigen Form als rechtswidrig bezeichnet hatte. Er hatte insbesondere die fünfjährige Speicherung aller Daten von Fluggästen (Passenger Name Records – PNR) ohne einen begründeten Verdacht kritisiert.

Das ab 2010 ausgehandelte und 2014 unterzeichnete Abkommen sieht vor, bis zu 60 Einzeldaten pro Passagier und Flugbuchung fünf Jahre lang zu speichern und an staatliche Stellen in Kanada zu übermitteln. Behörden in Kanada dürfen diese Datensätze auswerten und ohne effektive Kontrolle durch EU-Stellen an weitere Staaten übermitteln. Das Europäische Parlament, das noch über das Abkommen abstimmen muss, hatte dem EuGH im November 2014 das bereits vom EU-Rat und Kanada unterzeichnete Abkommen zur Prüfung vorgelegt, da es bereits erhebliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit gab.

[Update 26.07.2017 – 10:15 Uhr] In der inzwischen veröffentlichten Mitteilung des Gerichts heißt es, das geplante Abkommen dürfe in seiner jetzigen Form nicht geschlossen werden, weil gleich "mehrere seiner Bestimmungen nicht mit den von der Union anerkannten Grundrechten vereinbar sind". Die weitergegebenen Daten würden zu viel über die Fluggäste verraten und könnten sogar noch mehr über deren Privatleben preisgeben. Mehrere Bestimmungen des Abkommens beschränken sich nicht auf das absolut Notwendige und enthalten keine klaren sowie präzisen Regeln, schreiben die Richter. Damit ein möglicher Nachfolger in Kraft treten kann, müsse noch einiges geändert werden.

Die Richter fordern etwa, dass die für eine automatisierte Verarbeitung der Fluggastdaten verwendeten Modelle und Kriterien spezifisch, zuverlässig und nicht diskriminierend sind. Es müsse außerdem festgelegt werden, dass für einen Abgleich nur Datenbanken verwendet würden, "die von Kanada im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus und grenzübergreifender schwerer Kriminalität betrieben werden". Außerdem müssten die betroffenen Fluggäste ein Recht auf individuelle Information im Fall der Verwendung ihrer Daten erhalten. Die Regeln zum Schutz der Fluggäste müssten unabhängig kontrolliert werden.

Insgesamt dürfte die Entscheidung für Datenschützer ein Grund zum Jubeln sein.
Sie sind seit langem der Auffassung, dass die EU bei der Speicherung, Nutzung und Verarbeitung sensibler Daten zu weit geht. Denkbar ist nun, dass auch bereits bestehende Abkommen mit den USA und Australien sowie die neue EU-Richtlinie zur Fluggastdatenspeicherung noch einmal auf den Prüfstand müssen. Befürworter der Speicherregeln argumentieren, dass diese dem Kampf gegen Terrorismus oder schwere grenzüberschreitende Kriminalität dienten. (mho)