Internet-Apotheke darf Widerrufsrecht nicht ausschließen

Auch Medikamente müssen nach den Regeln für den Fernabsatz binnen 14 Tagen zurückgenommen werden, hat das Oberlandesgericht Naumburg entschieden.

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Hammer auf Richterbank

(Bild: dpa, Uli Deck)

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Von
  • Tim Gerber

Internet-Apotheken dürfen in ihren Geschäftsbedingungen das für Verbraucher im Online-Handel geltende Widerrufsrecht nicht generell ausschließen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg entschieden, wie der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) mitteilt. Der Verband hatte die Entscheidung in einem Musterverfahren gegen den Medikamenten-Versender ipill.de erwirkt.

Die Internetapotheke hatte in ihren AGB das Widerrufsrecht für apotheken- und verschreibungspflichtige Arzneimittel generell ausgeschlossen. Vor Gericht wurde diese Einschränkung unter anderem mit der Verderblichkeit von Medikamenten begründet. Der VZBV sah darin jedoch eine ungerechtfertigte Beschränkung des gesetzlichen Widerrufsrechts im Fernabsatzhandel und erhielt vom OLG in zweiter Instanz Recht. Bereits Ende April hatte das Landgericht Konstanz in einem ähnlichen Verfahren in erster Instanz zugunsten der Verbraucherschützer entschieden.

Im Zuge des Verfahrens hatte der VZBV durch eine Testkäuferin auch die Einhaltung von Vorschriften zur Verhinderung von Medikamentenmissbrauch untersucht. Bestellt wurden 13 Packungen des Schmerzmittels Paracetamol (ab 0,52 €). Dabei handelt es sich um das 25-fache der vom Hersteller angegebenen Tagesdosis. Die Testkäuferin hatte nach Absendung der Bestellung lediglich mit „o.k.“ bestätigen müssen, dass sie ausreichend über die „hohen pharmazeutischen Bedenken bei der regelmäßigen hohen Einnahme von mehr als 3 Packungen/Abführmittel/Schmerzmittel“ aufgeklärt worden sei.

Das Gericht beanstandete hier in Übereinstimmung mit dem klagenden Verband, dass die Versandapotheke bei der Testbestellung einem möglichen Medikamentenmissbrauch nur unzureichend nachgegangen sei. Diese formelhafte Belehrung sah das Gericht als nicht ausreichend. Bei der Bestellung einer derart ungewöhnlichen Menge eines Medikaments mit Missbrauchspotential hätte die Apotheke gezielt nachfragen und die Abgabe im Zweifelsfall verweigern müssen. (tig)