Zerlegte Technik wird zu Kunst: Ausstellung im Heinz Nixdorf Museumsforum

Verklebt, verschraubt, versiegelt: Mit seinen Bildern von demontierten Elektrogeräten kritisiert der kanadische Fotograf Todd McLellan die Wegwerfmentalität - und drückt im gleichen Zug seine Faszination für die komplexe Technik aus.

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Ausstellung: Zerlegte Technik wird zu Kunst

Für seine Fotokunst zerlegt Todd McLellan technische Geräte wie dieses BlackBerry-Telefon, das aus 120 Einzelteilen zusammengesetzt war.

(Bild: Todd McLellan)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marten Siegmann
Inhaltsverzeichnis

Die Gehäuseclips: gebrochen, die Platinen: verlötet, die Akkus: verklebt. Einen Blick ins Innere moderner Elektrogeräte zu werfen, ist heutzutage gar nicht mehr so einfach. Häufig ist ein Öffnen – etwa für den Austausch defekter Komponenten – nicht vorgesehen. Todd McLellan macht's trotzdem. Und arrangiert die Einzelteile für seine Fotokunst zu außergewöhnlichen Stillleben. Eine Auswahl seiner Bilder ist vom 25. August bis zum 26. November im Paderborner Heinz Nixdorf Museumsforum (HNF) zu sehen. Der Titel: „Ganz schön zerlegt: Die Kunst, Dinge neu zu ordnen“.

Zu sehen sein sollen laut Organisatoren insgesamt 34 Fotografien. Dabei konzentriert sich McLellan nicht ausschließlich auf moderne Elektrogeräte wie VR-Brillen oder Smartphones, sondern auch auf Klassiker wie Schreibmaschinen oder Plattenspieler. Die Geräte zerlegt er in ihre Einzelteile und lichtet sie jeweils zweimal ab: einmal präzise geordnet, einmal scheinbar chaotisch im freien Fall.

Ausstellung "Ganz schön zerlegt" im Heinz Nixdorf Museumsforum (7 Bilder)

Eine zerlegte externe Festplatte des Herstellers LaCie – auf dem einen Foto sind alle 151 Einzelteile sauber geordnet... (Bild: Todd McLellan)

„Ich wollte in das Innenleben dieser Objekte einsteigen und dem Betrachter deren Qualität und auch deren Schönheit zeigen“, sagt der Künstler über seine Arbeit. In der heutigen Wegwerfgesellschaft seien viele technische Geräte nicht mehr dafür konzipiert, im Falle eines Defekts auseinandergenommen und repariert zu werden. Er selbst versuche während der Dekonstruktion zu verstehen, wie die Einzelteile ineinandergreifen, und bekomme auf diese Weise Respekt vor dem großen Ganzen.

Nach dem Zerlegen arrangiert McLellan die Einzelteile in der Reihenfolge ihrer Dekonstruktion auf einer Unterlage. Die richtige Komposition zu finden, dauere ähnlich lange wie das Zerlegen selbst. McLellan: „Das Ergebnis ist sehr präzise und formal, ähnlich wie bei einem Familienporträt.“ Die Szenerie bildet der Fotograf von oben mit Blitzlicht und einem Schirmreflektor ab, um das Licht gleichmäßig zu streuen und dem Motiv einen besonders "sauberes" Erscheinungsbild zu verleihen.

Die zweite Fotomethode des Künstlers: die Einzelteile der zerlegten Objekte im Fallen fotografieren. Die so entstandenen Fotos mögen auf den ersten Blick chaotisch wirken, doch auch hier geht der Künstler planvoll vor. Die Einzelteile werden auf einer Plattform so arrangiert, dass sie an der Kamera in einer bestimmten Reihenfolge vorbeifliegen. McLellan selbst entscheidet über den richtigen Zeitpunkt des Auslösens. Um ein möglichst rauschfreies Endresultat zu erhalten, arbeitet er mit Stroboskop-Technik und kurzen Belichtungszeiten. Meistens schafft er es auf diese Weise, alle Einzelteile auf einer Aufnahme festzuhalten, zum Teil werden die Komponenten auch in Gruppen fallen gelassen und die Fotografien später miteinander kombiniert.

Die Ausstellung im Heinz Nixdorf Museumsforum wird am Donnerstag, 24. August eröffnet, Anmeldungen für die Eröffnung sind noch bis einschließlich 11. August online möglich. Todd McLellan wird vor Ort sein und seine Werke vorstellen. Zudem will er danach an den Tagen bis zum 29. August im Museum live ein Objekt aus dem Bestand des HNF vor den Augen der Besucher zerlegen. Eine einmalig erworbene Eintrittskarte ist für die gesamte Aktionswoche gültig. (msi)