E-Commerce: Amazons berüchtigtes "1-Click-Patent" läuft aus

20 Jahre nach der Anmeldung verliert im September ein gewerblicher US-Schutzanspruch von Amazon seine Gültigkeit, der Kritikern als Musterbeispiel für ein triviales Softwarepatent diente, aber eingeschränkt lange Bestand hatte.

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E-Commerce: Amazons berüchtigtes "1-Click-Patent" läuft aus
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Am 12. September 1997 beantragte Amazon-Gründer Jeff Bezos zusammen mit drei Kollegen beim US-Patentamt gewerblichen Rechtsschutz für ein Verfahren fürs Bezahlen beim Online-Einkauf mit einem Mausklick. Gut zwei Jahre später gewährte die Behörde dem aufsteigenden E-Commerce-Unternehmen aus Seattle das "1-Click-Patent", mit dem sich laut dem offiziellem Titel ein Warenerwerb rasch über ein Kommunikationsnetzwerk abwickeln lässt. 20 Jahre nach der Anmeldung erlischt das umstrittene Schutzrecht mit der Nummer 5,960,411 nun am 11. September 2017, womit sich der virtuelle Gang zur Kasse in vielen Online-Shops von US-Anbietern fortan deutlich einfacher gestalten dürfte.

Kritikern gilt der berüchtigte Monopolanspruch seit Langem als Paradebeispiel für ein triviales und zu Unrecht gewährtes Softwarepatent. Amazons in den USA noch einige Wochen geschützte 1-Click-Technik speichert Kundendaten mit Hilfe von Cookies und vereinfacht so die Bestellung. Das hört sich einfach an und nicht nach einer patentwürdigen Erfindung. Trotzdem überlebte das Schutzrecht ein Einspruchverfahren sowie eine gerichtliche Klage von Konkurrenten zumindest eingeschränkt.

So hatte der Neuseeländer Filmemacher Peter Calveley 2007 anfangs Erfolg mit seinem Antrag beim US-Patentamt, Amazons Rechte in die Schranken zu weisen. Die Behörde erhielt zunächst nur die Ansprüche 6 bis 10 aus der Anmeldung aufrecht und wollte die Punkte 1 bis 5 sowie 11 bis 26 für nichtig erklären. Amazon reichte aber den Änderungsvorschlag ein, den Schutzanspruch auf Transaktionen mit einem virtuellen Einkaufswagen zu beschränken, was die Prüfer überzeugte. Das Zugeständnis hatte letztlich in der Praxis keinen allzu großen Einfluss auf die Reichweite des Patents.

Die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes (EPA) stellte dagegen 2011 klar, dass der Online-Händler in Europa keinen Schutzanspruch auf das Bezahlverfahren mit einem Klick hat. Dem Antrag auf ein gewerbliches Schutzrecht mangele es an der nötigen Erfindungshöhe, er beziehe sich zum Teil auf Offensichtlichkeiten und auf Aspekte von Geschäftsmethoden, die gemäß dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) nicht schutzwürdig sind, befand die Gerichtsinstanz der Münchner Behörde damals.

Lesley Paone, einer der Gründer der E-Commerce-Plattform Thirty Bees, erwartet mit dem Wegfall des Patents umfassende Auswirkungen auf die Online-Branche in den USA. Für Händler biete sich damit eine große Chance rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft, schreibt der Praktiker. Langwierige "Checkout"-Prozesse an Online-Kassen könnten nun mit dem Druck eines einzigen Knopfes ohne rechtliche Probleme deutlich verkürzt werden, während sich bisher nur Größen wie Apple eine der kostspieligen Lizenzen für das Verfahren geleistet hätten.

Auch das World Wide Web Consortium (W3C) hat laut Paone bereits mit Standardisierungsbemühungen rund um Einkaufsmethoden mit einem Klick mit erweiterten Integrationsmöglichkeiten begonnen. Andere Beobachter verweisen darauf, dass Amazon nach wie vor ein Markenschutzrecht auf "1-Click" habe, vergleichbare Funktionen daher besser anders bezeichnet werden sollten. Amazon-Chef Bezos selbst lobte 2008 eine millionenschwere Initiative aus, um "faulen" Patenten den Garaus zu machen. 2012 forderte er, das Patentrecht auf den Prüfstand zu stellen, um Schlachten rund um gewerbliche Schutzrechte zu vermeiden. (anw)