G20-Akkreditierungsentzug: BKA-Chef weist Vorwürfe illegaler Datenspeicherung zurück

Fehler ja, aber nur in Einzelfällen: Das Bundeskriminalamt sieht bei der umstrittenen Datenspeicherung nur begrenzten Handlungsbedarf. Der Opposition und Betroffenen reicht das längst nicht.

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Organisierte Kriminalität

(Bild: Montecruz Foto , CC BY-SA 2.0)

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  • dpa
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Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, hat pauschale Vorwürfe wegen unzulässiger Datenspeicherung zurückgewiesen. Dass beim G20-Gipfel in Hamburg vier Journalisten aufgrund fehlerhafter Angaben die Akkreditierung entzogen worden sei, "bedauern wir sehr", sagte Münch am Freitag in Berlin. "Ein solcher Eingriff in die Pressefreiheit darf nicht passieren." Es sei aber nicht gerechtfertigt, wegen einzelner Fehler das gesamte System der Datenspeicherung in Zweifel zu ziehen.

Nach Angaben des Innenministeriums lag in einem der vier Fälle eine Personenverwechslung vor, in anderen Fällen seien Daten zu Unrecht nicht gelöscht oder etwa ein Freispruch nicht vermerkt worden. Regierungssprecher Steffen Seibert kündigte an, die betroffenen Journalisten einzuladen, um sich bei ihnen zu entschuldigen. Die Vorgänge beim G20-Gipfel hätten die dringliche Frage aufgeworfen, wie solche Fälle ungerechtfertigten Entzugs von Akkreditierungen künftig vermieden werden können.

Münch sagte weiter, weder das BKA noch die Polizeibehörden der Länder speicherten massenhaft Daten unbescholtener Bürger. Er räumte aber ein, dass Daten etwa bei einem Freispruch oder der Einstellung eines Strafverfahrens nicht grundsätzlich gelöscht würden. Dies sei nur bei erwiesener Unschuld der Fall. Zudem würden die Staatsanwaltschaften die Polizei oft über Gründe für die Einstellung eines Verfahrens nicht informieren. "Das ist eine Schwachstelle, die beseitigt werden muss."

In diesem Zusammenhang wies Innenminister Thomas de Maizière (CDU) Vorwürfe von Justizminister Heiko Maas (SPD) zurück. Er sagte der Süddeutschen Zeitung, ausgerechnet das Justizministerium habe in der Vergangenheit einen besseren Datenaustausch zur Vermeidung solcher Fehler verhindert. Der frühere Freispruch eines der Journalisten sei von der Justiz nicht gemeldet worden. "Das ist leider kein Einzelfall, und das weiß auch das Bundesjustizministerium seit Jahren", sagte er.

Die Grünen im Bundestag beantragten am Freitag eine Sondersitzung des Innenausschusses "zu den fehlerhaften und rechtswidrig gespeicherten Daten". Auch der Deutsche Journalisten-Verband DJV bekräftigte die Forderung nach einer Sondersitzung des Innenausschusses.

Während des G20-Gipfels Anfang Juli war insgesamt 32 Journalisten nachträglich die bereits erteilte Akkreditierung entzogen worden. Neun Journalisten klagen vor dem Berliner Verwaltungsgericht und wollen feststellen lassen, dass die Maßnahme rechtswidrig war. Vor allem sollen Daten unzulässig gespeichert worden sein, obwohl sie hätten gelöscht werden müssen.

Der ehemalige Datenschutzbeauftragte Peter Schaar widersprach Münchs Einschätzung, dass es bei der Datenspeicherung keine grundsätzlichen Probleme gebe. "Es gibt ein riesiges Problem", sagte er der Berliner Zeitung. Im polizeilichen Bereich würden Daten in erheblichem Umfang gespeichert, die nicht in die Dateien hätten gelangen dürfen.

Für die Löschung von Daten gibt es nach Münchs Angaben verschiedene Fristen. Bei schweren Straftaten erfolge die entsprechende Prüfung üblicherweise nach zehn Jahren, bei Bagatelldelikten nach einem Jahr und bei mittelschweren Straftaten nach fünf Jahren. Bei diesen Prüfungen würden 90 Prozent aller Daten gelöscht. Die Fristen können aber auch verlängert werden. ARD-Recherchen hatten ergeben, dass in der BKA-Fallgruppe zur Inneren Sicherheit derzeit 109.625 Menschen und mehr als eine Million Datensätze zu politischen Delikten gespeichert sind. (axk)