WLPT: EU startet strengeres Regelwerk für Kfz-Abgastests

Seit Freitag müssen neue Fahrzeugtypen vor der Zulassung in der EU schärfere Emissionstests unter realen Fahrbedingungen durchlaufen. Die EU-Kommission spricht von einem "Meilenstein", die Autoindustrie ist zufrieden.

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EU: Strengere Regeln für Kfz-Abgastests in Kraft
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In der EU gelten seit 1. September etwas strengere Vorgaben für Tests von Kraftfahrzeugemissionen. Bevor neue Fahrzeugtypen regulär auf die Straße dürfen, müssen sie nun genauere Abgasmessungen unter realen Fahrbedingungen durchlaufen ("Real Driving Emissions"). Dazu kommen verbesserte Laboruntersuchungen nach dem weltweit harmonisierten Prüfverfahren für Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge gemäß der "World Harmonised Light Vehicle Test Procedure" (WLTP). Der EU-Rat hatte den Weg für eine entsprechende Verordnung im Februar 2016 freigemacht und reagierte damit auf den Dieselaffäre.

Stickoxid- und Partikelemissionen, die als eine der Hauptursachen für die Luftverschmutzung gelten, können Experten zufolge unter Realbedingungen zuverlässiger gemessen werden. Das Labortestverfahren soll zudem für alle Abgase gelten, also außer Stickoxiden auch für Luftschadstoffe und Kohlendioxid. Der Kraftstoffverbrauch wird dabei einbezogen.

Laut Kritikern sind die neuen Vorgaben aber nach wie vor zu lasch: So dürfen Stickoxid-Grenzwerte während einer ersten Phase noch immer um bis zu 110 Prozent überschritten werden. Erst von 2020 beziehungsweise 2021 an wird das Limit für den Stickoxid-Mehrausstoßes bei 50 Prozent liegen.

Der für Beschäftigung, Wachstum und Investitionen zuständige EU-Kommissar Jyrki Katainen bezeichnete die neuen Emissionsprüfungen trotzdem als "Meilenstein in unserer Arbeit für sauberere und nachhaltigere Kraftfahrzeuge in den kommenden Jahren". Es bleibe aber noch viel zu tun, unterstrich der Finne. Der Abgasskandal habe gezeigt, "dass wir bei der Fahrzeugprüfung mehr Unabhängigkeit brauchen, aber auch eine strengere Marktüberwachung". Die Kommission müsse ferner die Möglichkeit haben, "bei Fehlverhalten zu intervenieren". "Angesichts der Risiken für die öffentliche Gesundheit und die Umwelt ist der rasche Umstieg auf emissionsfreie Fahrzeuge in unser aller Interesse", ergänzte Binnenmarkt- und Industriekommissarin Elżbieta Bieńkowska. Die Brüsseler Regierungsinstitution habe auch dafür die Weichen gestellt.

Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) lobte die Reform der Abgas- und Verbrauchsmessungsverfahren als "wichtig und gut". Die Kunden erhielten dadurch "mehr Klarheit und Verlässlichkeit für ihre Kaufentscheidung". Zudem würden die Fahrzeuge durch die neuen Vorgaben "nochmals deutlich sauberer", Fortschritte für die Luftqualität damit "schneller wirksam".

Zugleich räumte der VDA-Chef aber ein, dass es auch mit dem harmonisierten Laborverfahren WLTP noch Unterschiede zwischen Prüfstandergebnissen und Werten auf der Straße geben werde, wenn auch in geringerem Maße. Faktoren wie die Nutzung von Klimaanlage, Radio oder Sitzheizung, das Streckenprofil, die Fahrweise oder das Wetter beeinflussten maßgeblich den Kraftstoffverbrauch. Die Bandbreite all dieser Faktoren könne auch im WLTP nicht umfassend berücksichtigt werden, "weil nur ein standardisiertes Messverfahren Reproduzierbarkeit und damit Vergleichbarkeit sicherstellt". (jow)