EU-Copyright-Reform: Bundesregierung stellt Upload-Filter in Zweifel

Die EU-Kommission will Online-Plattformen im Kampf gegen Urheberrechtsverstöße den Einsatz eines Filtersystems vorschreiben. Die Bundesregierung wittert darin einen Verstoß gegen bestehende Providerprivilegien.

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EU-Copyright-Reform: Bundesregierung stellt Upload-Filter in Zweifel
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Die Bundesregierung hat rechtliche Bedenken gegenüber dem Entwurf der EU-Kommission zur Copyright-Reform. Es sei "zweifelhaft", ob der Vorschlag aus Brüssel für Upload-Filter auf Online-Plattformen im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen mit den Haftungsprivilegien aus der E-Commerce-Richtlinie vereinbar sei, schreibt die deutsche Delegation in einem als vertraulich eingestuften Fragenkatalog an den Juristischen Dienst des EU-Rates, den die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch veröffentlicht hat. Eine generelle Verpflichtung, den Internetverkehr zu überwachen, dürfe es demnach nicht geben.

Bei dem besonders umstrittenen Artikel 13 mit den geplanten Filterverpflichtungen aus der Kommissionsinitiative scheint es der Bundesregierung zudem fraglich, inwieweit neben der Position der Verwerter die Rechte der eigentlichen Urheber und darstellenden Künstler gestärkt werden. Sie fordert, deren "legitimes Interesse" an einer "angemessenen Vergütung" ebenfalls stärker in den Blick zu nehmen. Gerade in der Musik- und Filmindustrie seien die Nutzungsszenarien komplex, vertragliche Ansprüche der Autoren blieben oft außen vor.

Laut der Eingabe muss in dem Gesetzgebungsverfahren ferner stärker berücksichtigt werden, ob Rechteinhaber ihre Inhalte selbst hochladen oder ob Dritte dies tun. Vor allem im akademischen Umfeld gebe es viele Open-Access-Portale, auf denen Forscher Texte oder Datensets veröffentlichten. Die EU selbst betreibe einschlägige Plattformen wie OpenAire. Deren ständige Kontrolle sei nicht vereinbar mit der Wissenschaftsfreiheit. Es müsste zudem zumindest klargestellt werden, dass diese die Kosten für Überwachungssysteme nicht selbst zu tragen hätten.

Wissen möchten die Deutschen auch, ob Anbieter wie YouTube unter die neuen Regeln fielen, die ihren Hauptsitz nicht in der EU haben. Sie bringen zudem sogenannte Notice-and-Takedown-Verfahren als "milderes Mittel" im Vergleich zu Upload-Filtern ins Spiel. Dabei müssen Plattformbetreiber erst reagieren, wenn sie einen Hinweis auf möglicherweise rechtsverletzende Inhalte auf ihren Servern erhalten haben.

Zuvor hatten die sechs EU-Mitgliedsstaaten Belgien, Finnland, Irland, die Niederlande, Tschechien und Ungarn bereits in einem eigenen, ebenfalls von Statewatch zugänglich gemachten Ratspapier zahlreiche grundsätzliche Fragen rund um den skizzierten Artikel 13 aufgeworfen, die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb bereits nicht im Sinne der Kommission beantwortet und das Vorhaben dabei als rechtswidrig eingestuft haben. Anfang September war bekannt geworden, dass die estnische Ratspräsidentschaft sich in mehr oder weniger ausgeprägter Form für Upload-Filter ausgesprochen hat und zudem Vorschläge für ein EU-weites Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Internet gemacht hat.

Zu dem Entwurf für Artikel 11 äußern sich weder Deutschland noch die anderen EU-Länder in ihren Eingaben. EU-Kommissar Günther Oettinger, der als einstiger Beauftragter für das Digitalressort auf ein 20-jähriges Leistungsschutzrecht drängte, zeigte sich jüngst gegenüber der Stuttgarter Zeitung optimistisch, dass sein Vorschlag im Rat nicht komplett verwässert oder ausgehöhlt werde. Italien, Frankreich und Deutschland seien dafür, berichtete der CDU-Politiker, aus "wenigen anderen Mitgliedsstaaten" gebe es nur "einige kritische Fragen" dazu. Im EU-Parlament könnte der Gegenwind aber stärker ausfallen, auch wenn die Konservativen dort die Richtung gewechselt haben. (mho)