Diesel-Skandal: Autohersteller können Updatekosten von der Steuer absetzen

Die vom Diesel-Skandal betroffenen Autohersteller können ihren Gewinn um die Kosten für die erwarteten rund fünf Millionen Software-Nachbesserungen mindern, hat die Bundesregierung mitgeteilt. Der ADAC hält Hardware-Umrüstungen für durchaus machbar.

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Diesel-Skandal: Autohersteller können Updatekosten von der Steuer absetzen

(Bild: dpa)

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Die Abgasmanipulationen an Dieselfahrzeugen kommen der deutschen Autoindustrie hierzulande weniger teuer zu stehen als bislang angenommen. Die betroffenen Konzerne können die Kosten für Nachrüstungen, mit denen die Betrügereien teils rückgängig gemacht werden sollen, nämlich von der Steuer absetzen. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor, über die die Süddeutsche Zeitung berichtet. "Die den Herstellern entstehenden Kosten sind bilanzrechtlich Betriebsausgaben der Unternehmen", schreibt Wirtschaftsstaatssekretär Rainer Baake (SPD) demnach darin.

Die hiesigen Autohersteller haben auf dem Dieselgipfel im August ihren Kunden nur Software-Nachrüstungen angeboten. Die Updatekosten dürften bei 100 bis 200 Euro je Fahrzeug liegen. Bei den eingeplanten gut fünf Millionen Nachbesserungen könnte die Branche also ihren Gewinn um bis zu eine Milliarde Euro drücken und so einen dreistelligen Millionenbetrag an Steuern einsparen, rechnet die Zeitung vor. Darüber hinaus dürften die Hersteller möglicherweise auch die gezahlten "Umweltprämien", die sie für den Umstieg auf neue Diesel-Autos zahlen, ansetzen. Kostenschätzungen dazu liegen der Regierung nach eigenen Angaben bisher nicht vor.

"Die Abschreibungsmöglichkeit ist nichts anderes als eine versteckte staatliche Dieselkaufprämie", meint der Linken-Verkehrspolitiker Herbert Behrens. Die betrogenen Autokäufer blieben auf ihrem Schaden sitzen, könnten die Wertminderung ihrer Fahrzeuge nicht absetzen, während die Autoindustrie weiter alimentiert werde. Solch eine Politik zugunsten der Hersteller und zu Lasten der Verbraucher ist für Behrens "an Dreistheit kaum zu überbieten".

Laut dem ADAC könnte die Autoindustrie zudem in vielen Fällen ohne große Probleme Hardware nachrüsten, um die Abgasreinigungen von Problem-Dieseln deutlich leistungsfähiger zu machen als mit den vorgesehen Software-Updates. Für viele junge Gebrauchte, die nach Euro 5 zertifiziert sind, gebe es bereits fertige Abgasreinigungssysteme. Sie würden in Kombination mit einem bestimmten Motor oder als Sonderausstattung angeboten.

"Das Argument, Autos könnten nicht mit wirksamen SCR-Systemen nachgerüstet werden, trägt zumindest für deutsche Hersteller überhaupt nicht", erklärte ADAC-Technikchef Rainhard Kolke der SZ. SCR steht für "Selective Catalytic Reduction". Dabei wird Ammoniak ("AdBlue") dem Abgas beigemischt, das am Katalysator selektiv Stickstoffoxide reduziert. Aus dem Auspuff kommen so hauptsächlich nur noch Stickstoff und Wasserdampf.

"Diese Abgasreinigungssysteme liegen also im Ersatzteilregal, sind zugelassen und können verbaut werden, weil sie auf die Automodelle angepasst wurden", betont Kolke. Der Widerstand gegen die Hardware-Nachrüstungen sei demnach nicht nachvollziehbar, die Autobauer müssten hier auf eigene Kosten nachbessern. Andere Experten halten nachträglich eingebaute SCR-Katalysatoren dagegen für fehleranfällig und warnen vor Systemausfällen durch derlei "Bastellösungen".

Chronologie des Abgas-Skandals (78 Bilder)

Mitte September 2015:  Die US-Umweltschutzbehörde EPA beschuldigt den Volkswagen-Konzern, Diesel-PKWs der Baujahre 2009 bis 2015 mit einer Software ausgestattet zu haben, die die Prüfungen auf US-amerikanische Umweltbestimmungen austrickst. Zu ähnlichen Untersuchungsergebnissen ist auch das California Air Resources Board (CARB) gekommen. Beide Behörden schicken Beschwerden an VW. (Im Bild: Zentrale der EPA in Washington D.C.)
(Bild: EPA
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(anw)