Spy vs. Spy: Cryptome angeblich im Visier des MI6

Die US-amerikanische Enthüllungs-Website cryptome ist möglicherweise wieder ins Visier des britischen Geheimdienstes geraten.

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Von
  • Sven Hansen

John Young, professioneller Enthüllungskünstler und Leiter von cryptome, ist sich sicher: Der britische Geheimdienst hat ihn mal wieder ins Visier genommen. Anlass diesmal: Young hat auf seiner Website ein Dokument veröffentlicht, in dem ein Insider über die britische Force Research Unit (FRU) berichtet. Die Antiterroreinheit war während der 80er Jahre in Nordirland aktiv und bestand aus 100 verdeckt operierenden Mitarbeitern.

In dem Dokument werden schwere Vorwürfe gegen die FRU erhoben: Die Spezialeinheit soll demnach in Morde an irischen Nationalisten verstrickt gewesen sein. Über mögliche Verwicklungen von Armee-Einheiten in politische Morde wird seit langem öffentlich diskutiert. Vergangene Woche versuchte das britische Verteidigungsministerium (MoD) dem Sunday Herald die Publikation von Namen ehemaliger FRU-Mitglieder zu untersagen.

Der Sunday Herald machte die Behörde darauf aufmerksam, dass der Betreffende Name bereits im Internet veröffentlicht sei, nämlich auf der Enthüllungssite Youngs. Das MoD argumentierte gegenüber der Zeitung, dass das Dokument erst 233 mal abgerufen worden sei – und eben hier wurde Young misstrauisch: Woher konnten die Mitarbeiter des MoD die Pagehits auf das betreffende Dokument erfahren haben? Young sieht nur zwei Wege: Entweder wurden die Logfiles von cryptomes Internet-Provider von der Behörde gehackt, oder der britische Geheimdienst hat den Provider zur Herausgabe der Daten genötigt.

Erst vergangenen Oktober hat das MoD nach Berichten der Times eine gerichtliche Schlappe erlebt. Es wurde versucht, einer Zeitung die Veröffentlichung von Informationen über die FRU zu untersagen. Das MoD argumentierte, dass durch die Veröffentlichung ehemalige Mitglieder der FRU gefährdet würden. Das oberste Gericht sprach jedoch der Zeitung das Recht zu, weiter zu berichten. John Young ist auf jeden Fall fest entschlossen, das FRU-Dokument so lange wie möglich auf seiner Site zu belassen. Nur durch durch ein amerikanisches Gericht würde er sich von weiteren Enthüllungen abbringen lassen.

Siehe dazu auch den Artikel Informationskrieg um Auftragsmorde in Nordirland in Telepolis. (sha)