Kartellamt nimmt Vergleichsportale ins Visier

Die Wettbewerbshüter wollen mit einer Untersuchung der Vergleichsportale mögliche Probleme aufdecken und für mehr Transparenz sorgen. Verbraucher müssen sich auf die Angebote verlassen können, meint der Kartellamtschef.

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Vergleichsportal Check24

(Bild: dpa, Christoph Schmidt)

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Das Bundeskartellamt untersucht die Vergleichsportale im Internet auf „mögliche Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften“. Die sogenannte Sektoruntersuchung werde sich auf Vergleichsangebote aus den Bereichen Reise, Versicherungen, Finanzdienstleistungen, Telekommunikation und Energie konzentrieren, teilte die Kartellbehörde am Dienstag in Bonn mit. Mit dieser Untersuchung setze das Bundeskartellamt seine neuen Untersuchungskompetenzen im Bereich des Verbraucherschutzes erstmals in einem konkreten Verfahren ein.

„Millionen von Verbrauchern informieren sich alltäglich mit Hilfe von Vergleichsportalen im Internet“, erklärte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt. „Buchungen über hohe Beträge und weitreichende Vertragsabschlüsse werden von den Angaben der Portale beeinflusst. Wir müssen sicherstellen, dass die Verbraucher sich dabei auf die Zuverlässigkeit, die Objektivität und die Transparenz der Portale verlassen können.“

Vergleichsportale wie Idealo, Verivox oder Check24 erfreuen sich im deutschen Internet großer Beliebtheit. Auch Heise Medien betreibt mit der Tochter Geizhals einen Preisvergleich. Verbraucher können in den großen Datenbanken der Anbieter Kosten und Bedingungen verschiedener Waren und Dienstleistungen vergleichen, darunter Stromtarife und Versicherungen. Die Anbieter verdienen Geld unter anderem mit Provisionen und Werbung.

Verbraucherschützer kritisieren, dass die Vergleichsportale keinen neutralen Produktvergleich liefern, sondern zum Beispiel bei Versicherungen als Makler auftreten. Sie fordern deshalb mehr Transparenz von der Branche: „Betreiber von Vergleichsportalen sollten über Rankingmethoden und Finanzierung an einer prominenten Stelle des Portals umfassend und leicht verständlich informieren“, fordert Jutta Gurkmann vom Verbraucherzentrale Bundesverband.

In einem Rechtsstreit gegen Check24 konnte der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) durchsetzen, dass das Vergleichsportal seine Maklertätigkeit deutlich herausstellen muss. Im April dieses Jahres hat zudem der Bundesgerichtshof richtungsweisend festgestellt, dass Vergleichsportale verpflichtet sind, auf Lücken im Angebot hinzuweisen – etwa wenn nur Anbieter gelistet werden, die bestimmte Vertragsbedingungen erfüllen.

„Rankings auf Vergleichsportalen sollten unabhängig von Provisionszahlungen oder Geschäftsbeziehungen erfolgen müssen. Alles andere ist Werbung und sollte nicht als unabhängiger Vergleich ausgegeben werden dürfen“, meint Verbraucherschützerin Gurkmann. Das Thema hat längst die Politik erreicht. Schon 2016 hat die EU-Kommission die Initiative für mehr Transparenz bei Vergleichsportalen ergriffen.

„Bislang werden Probleme mit Vergleichsportalen vor allem im Wege einzelner privatrechtlicher Gerichtsverfahren verfolgt“, erklärt Kartellamtschef Mundt. Seine Behörde wolle sich nun grundlegend mit dem Thema befassen. So könnten etwaige Defizite in der zivilrechtlichen und behördlichen Durchsetzung des Verbraucherrechts erkannt werden.

Es ist das erste Mal, dass das Kartellamt seine im Sommer durch eine Gesetzesnovelle erweiterten Kompetenzen einsetzt. Sie geben der Behörde die Möglichkeit, bei begründetem Verdacht auf gravierende Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften Sektoruntersuchungen durchzuführen. Sie richten sich nicht gegen bestimmte Unternehmen, sondern dienen der Prüfung der Praktiken in einem gesamten Wirtschaftszweig. (vbr)