Post aus Japan: Heads up!
Die Tokyo Motor Show zeigt viele neue Konzeptautos. Ein interessanter Trend hat nichts mit Motoren zu tun, sondern mit mitteilsamen Windschutzscheiben.
- Martin Kölling
Bei seinem Model 3 hat Tesla unter anderem mit zwei Schritten Aufsehen erregt: Der Elektroautobauer aus Kalifornien ließ das normale Armaturenbrett weg und baute als Bedienelement ein großes Tablet in die Mittelkonsole. "Futuristisch" war ein Wort, das ich in Berichten gelesen habe. Und ich musste Schmunzeln. Große Displays sind doch so, wie soll ich es sagen, von gestern. Die Zukunft sind – wenigstens für mich – Head-up-Displays (HUDs) der neuen Generation, die die Windschutzscheibe zum durchsichtigen Display machen. Und die ersten Durchblicke in die Zukunft sind jetzt schon zu haben, aber nicht in einem Tesla.
Windschutzscheibe als Display
Nissan stellte in seinem Konzeptauto eine mögliche Zukunft vor. Das HUD ist größtenteils ein dünner, durchsichtiger Flüssigkristallbildschirm, der sich über die gesamte Windschutzscheibe und auch noch die Türfenster erstreckt. Selbst die Holzverzierung im Armaturenbrett und den Türen wird zum grob auflösenden Display.
Dazu wurden überdimensionierte Jahresringe aus Acrylglasbänder wie Intarsien in die Fläche eingearbeitet. Die Umgebung wird ihnen grob wie Schatten der Außenwelt in japanischen Papierschiebetüren wiedergegeben. Der Fahrer soll sich so eins mit der Umgebung fühlen.
Lichtspiele im Auto
Aber das ist nur eine nette Spielerei. Den wahren Nutzwert liefern die Lichtspiele in der Windschutzscheibe. Im Mensch-Fahrmodus werden Fahrdaten, Navigationshinweise und andere Dinge im Sichtfeld eingeblendet, im Maschinen-Fahrmodus Informationen zur Umgebung, Restauranttips oder was auch immer.
Das beste an dieser Idee ist, dass sie in rudimentärer Form schon jetzt zu erwerben ist. Toyotas Hauptzulieferer Denso hat auf der Messe ein Flüssigkristall-Head-up-Display mit der größten, bisher verfügbaren Projektionsfläche vorgestellt. Der Zulieferer nennt es "Human-Machine-Interface" – und es soll ein Bild mit fast 24 Zoll Bilddiagonale projizieren.
Informationen schweben in der Luft
Wie bei anderen HUDs will Denso damit den Fahrern das Gefühl vermitteln, dass die Information ungefähr drei Meter vor ihm in der Luft schweben. So soll er Informationen sehen können, ohne den Blick von der Straße abzuwenden. Doch beim neuen Modell gehören nicht nur Tempo und Tempolimits zum Repertoire des fahrenden Autokinos, sondern auch die Position von Fußgängern, die auf die Straße treten, und beim Navigieren Pfeile, die beispielsweise beim Einordnen in die richtige Spur helfen.
Das erste fahrbare Lichtspielhaus steht auch schon fest. Es handelt sich naheliegenderweise um einen Kraftwagen aus dem Hause Toyota, genauer gesagt den neuen Lexus LS, der das Flaggschiff von Toyotas Premiummarke darstellt. Ich habe mir in einem Fahrsimulator das System einmal angeschaut. Es zeigte da sogar beim Warten an der Kreuzung an, ob ein Auto von rechts kommt.
Die Displays von morgen
Ein Audi-Ingenieur zweifelte im Gespräch zwar die Sinnhaftigkeit von HUDs an, wenn die Autos wie bei den Ingolstädtern immer selbstständiger fahren. Aber bis das einwandfrei überall klappt, wird es wohl doch Mitte der 2020er werden. Außerdem möchte ich danach vielleicht auch mal selbst fahren. Und da sind HUDs schon hilfreich. Es wird sicher nicht lange dauern, bis die Head-up-Displays generell immer größer werden. Mein Fazit: All die, die Teslas Tablet futuristisch fanden, haben die heutigen HUDs noch nicht gesehen.
()