Selbstgenügsam

Speicherkat erzeugt Ammoniak zur NOx-Aufspaltung

Eine gewissermaßen bordeigene Ammoniak-Erzeugung im Speicherkat soll künftig die Abgasentstickung stark vereinfachen und den SCR-Katalysator überflüssig machen. Der dafür nötige zusätzliche Reaktionsbeschleuniger ist ein Spin-Off aus der Brennstoffzellenforschung

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Von
  • Florian Pillau

Eine Idee für einen neuartigen Speicherkatalysator für Otto- und Dieselmotoren kommt aus der Brennstoffzellenforschung. Er gewinnt Ammoniak aus dem Rohabgas, um damit in einem zweiten Schritt die Stickoxide in die unschädlichen Atmosphärenbestandteile Stickstoff und Wasser umzuwandeln. Damit kann die Leistung des Speicherkatalysators so erhöht werden, dass sich beim Dieselmotor SCR-Katalysatoren mit ihrer Zugabe externen Harnstoffs in Form von AdBlue oder neu entwickelte Verfahren zur Zugabe von Harnstoff, wie etwa ASDS, erübrigen könnten.

SCR-Kats an Dieselmotoren zu ersetzen ist eine Wunschvorstellung der Autoindustrie, denn sie haben zwei entscheidende Nachteile: Sie arbeiten erst oberhalb 200 Grad Celsius mit einem ausreichenden Wirkungsgrad, was im Stadtverkehr bisweilen gar nicht erreicht wird. Künftige, strengere Emissionsauflagen werden daher oft nur noch mit einer teuren Kombination aus Speicher- und SCR-Kat erfüllt werden können. Zudem muss das Harnstoffadditiv mitgeführt und regelmäßig getankt werden.

SCR-Nachteile waren Auslöser des Abgasbetrugs

Wie unbeliebt diese Lösung ist, zeigt der Abgasbetrug im Volkswagen-Konzern und möglicherweise auch durch andere Hersteller. Er beruht darauf, dass die Fahrzeuge den Prüfstandslauf erkennen und nur dann ausreichend AdBlue zuteilen. Eines der Hauptziele des groß angelegten Täuschungsmanövers war ein möglichst kleiner Additivtank, um Bauraum sparen zu können.

Die Basis für den neuartigen Katalysator bilden Materialien für keramische Hochtemperaturbrennstoffzellen (SOFC), die das Forschungszentrum Jülich vor über zehn Jahren entwickelt hat. Die Wissenschaftler am Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-1) wollen durch eine Veränderung eines Kathodenwerkstoffes NOx speichern, mit dessen Hilfe die Stickoxide in einem Kreislaufsystem aufgespalten werden sollen. Bislang besteht die Speicheroberfläche eines NOx-Speicherkatalysators überwiegend aus Bariumoxid oder -carbonat.

Speicherung und Aufspaltung sollen dabei in einem Katalysator ablaufen, nicht hintereinander. Der Prozess beginnt mit der Einlagerung der Stickoxide im Katalysator, wie man es vom Speicherkat kennt. Ist die Aufnahmekapazität erreicht, wird durch kurzzeitigen „fetten“ Betrieb des Motors respektive geringerem Luftüberschuss beim Diesel reduzierendes Abgas erzeugt und damit die Stickoxide herausgelöst – auch das ist vom Speicherkat wohlbekannt.

Ammoniak aus Abgas zur Stickoxidaufspaltung

Der neue Schritt: Mithilfe der neuen Katalysatormaterialien soll nun ein Teil der Stickoxide in Ammoniak überführt werden, der seinerseits eingelagert wird. Der auf diese Weise mit Ammoniak angereicherte Katalysator kann dann hocheffizient die Stickoxide in harmlosen Stickstoff und Wasser umwandeln. Ist der eingelagerte Ammoniak aufgebraucht, beginnt der Prozess von vorn.

Der Mehrverbrauch eines Fahrzeugs mit Dieselmotor für die Regeneration des NOx-Speicherkatalysators liegt in der Regel bei etwa zwei Prozent. Ein SCR-System bietet hingegen den Vorteil, dass man die motorische Verbrennung auf einen typischerweise rund fünf Prozent geringen Verbrauch einstellen kann. Diesen Nachteil werden die Hersteller möglicherweise aufwiegen müssen gegen die oben genannten Nachteile beim SCR-Verfahren oder gar eine Kopplung mit einem vorgeschalteten Speicherkat.

So weit ist die Forschung allerdings zur Zeit noch gar nicht. „Wir stehen mit unserer Forschung noch ganz am Anfang. Aber wenn alles gut läuft, werden wir innerhalb von drei Jahren einen Prototyp fertigstellen, der von den beteiligten industriellen Partnern direkt für die Integration in neue Fahrzeugmodelle übernommen werden kann“, sagt Dr. Jürgen Dornseiffer aus der Abteilung Elektrochemische Speicher des Forschungszentrums Jülich. (fpi)