Ableton Live 10: Musik-DAW angetestet

Die kommende Version der beliebten Digital Audio Workstation Ableton Live zur Musikproduktion bringt fast hundert neue Funktionen mit. Wir haben uns die wichtigsten Neuheiten in der Beta-Version von Live 10 angeschaut.

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Ableton Live 10 ausprobiert: Erster Blick auf die Beta

(Bild: heise / c't)

Lesezeit: 19 Min.
Inhaltsverzeichnis

Nach langen Gerüchten hat es Ableton Ende vergangener Woche offiziell gemacht: Live 10 soll im ersten Quartal 2018 erscheinen – das erste große bezahlpflichtige Update seit fünf Jahren. Nicht, dass der Berliner Entwickler seit der Einführung von Live 9 untätig gewesen wäre. Ganz im Gegenteil bekamen Kunden regelmäßige kostenlose Updates, die etwa die Synchronisation über Ableton Link oder die Unterstützung von Retina Displays nachreichten.

Live 10 bringt deshalb keine Revolution, aber viele kleine Verbesserungen, die die tägliche Arbeit vereinfachen. Seit wenigen Tagen lädt Ableton auch externe Tester in sein Beta-Programm ein. Wir gehörten zu den ersten und konnten uns so einen Überblick über die Neuheiten verschaffen. Ergebnis: Der aktuelle Build Live 10b144) läuft zumindest unter macOS 10.12 stabil und macht einen ausgereiften Eindruck, selbst ein englisches Handbuch ist bereits fertig. Es erklärt die knapp 100 neuen Funktionen im Detail, darunter den neuen Wavetable-Synthesizer, das Drum-Buss-Plugin, die neue Gruppenfunktion, das MIDI-Editing, den neuen Stereo-Panner und Verbesserungen für die Push-Controller. Im Folgenden gehen wir auf die einzelnen Bereiche näher ein.

Interessierte Nutzer können sich zum Beta-Test bewerben; Ableton will neue Tester von Zeit zu Zeit einladen. Diese bekommen dann einen Beta-Key, der so lange gültig ist, bis die Vollversion von Live 10 erscheint.

Ableton Live 10: Die wichtigsten Neuerungen (19 Bilder)

Wavetable-Synthesizer

(nur Live Suite): Mit zwei Oszillatoren, Dutzenden von vorgefertigten Wavetables, Filtern und einer Modulationsmatrix deckt der Wavetable-Synthesizer ein breites Klangspektrum ab und lässt sich auf der groß gezoomten Anzeige besser bedienen.
(Bild: heise)

Kenner von Live 9 finden sich gleich zurecht. Ableton hat den Font ausgetauscht, der nun etwas filigraner aussieht. Unter Windows sollen Schriften auf HiDPI-Bildschirmen nun nicht mehr so krümelig aussehen, was wir aber nicht testen konnten. Das gleiche gilt für den neuen Stift-Modus zur Bedienung auf Touch-Screens und Tablets. Zudem wurden die Farboberflächen etwas anders abgestimmt. Man kann zwischen vier hellen und dunklen Grautönen wählen oder das alte 9er Grau nutzen – simpel und zweckmäßig. Weiteres Detail: Hat man einen Regler verstellt, geht er auf Doppelklick wieder in die Ausgangsstellung; das spart so manches Gefummel.

Der Browser ist prinzipiell der alte geblieben, jedoch findet man oben nun sieben verschiedenfarbige Favoriten-Gruppen. Mit deren Tags lassen sich besonders häufig genutzte Instrumente, Plug-in-Effekte, Samples und Patches markieren (rechte Maustaste), sodass man sie schneller wiederfindet. Das hilft vor allem, wenn man mit Push arbeitet, da es hier bislang sehr mühsam ist, durch die zuweilen sehr großen Verzeichnisse zu browsen. Die sieben Kategorien lassen sich auch umbenennen. Insgesamt ein guter Ansatz, aber sieben Schubfächer sind etwas wenig – vor allem, wenn man die zahlreichen Max-for-Live-Effekte und Patches in der Suite sortieren will.

Praktisch ist die neue Installations-Routine für weitere Content-Packs von Ableton. Nun kann man sie direkt im Live-Browser installieren und updaten, sobald neue Versionen verfügbar sind.

Im Unterschied zu Bitwig Studio kann Live 10 immer nur ein Projekt zur gleichen Zeit öffnen. Immerhin lassen sich im Browser einzelne Spuren und neuerdings auch in Gruppen von gespeicherten Projekten auswählen und in das aktuelle Projekt ziehen. So kann man relativ einfach Clips von einem Projekt in ein anderes importieren.

Wer Ableton Live 10 mit großen Audio-Interfaces betreibt, etwa um seine Hardware-Synthesizer im Studio fest zu verkabeln, kann die Ein- und Ausgänge im Setup nun beschriften. Dann sieht man beim Routing immer gleich, welches Gerät angesprochen wird, und muss sich nicht merken, auf welchem Kanal denn nun der Sub 37 steckt.

Praktisch ist auch die Ausgabe in MP3, die beim Rendern eines Songs parallel zur Wav-Datei (oder AIFF, Flac, Wavpack) angelegt wird. Das spart beim Verschicken das lästige Konvertieren in iTunes. Als Bitrate sind 320 kbps CBR fest vorgegeben, was in der Praxis genügt. Wer will, kann sein Werk auch gleich aus Live auf Soundcloud hochladen.

Die Undo-Historie wird nun nach dem Speichern nicht mehr gelöscht – dieses Feature hab ich jedoch nie vermisst, denn meistens speichert man ein Projekt eh nur, wenn man einen Arbeitsgang fertig hat.

Live ist übrigens sehr zuverlässig, was das Rekonstruieren von Projekten angeht. Sollte es doch mal wegen eines instabilen Plug-ins abstürzen (leider wird dies nicht in einer Sandbox abgefangen), stellt es den letzten Zustand beim nächsten Hochfahren wieder her – selbst wenn man nicht direkt vorher gespeichert hatte. In fünf Jahren hat das bei mir vielleicht bei ein zwei Vorfällen nicht geklappt – ansonsten funktionierte das immer zuverlässig.

Live 10 soll zudem Samples schneller laden und nicht mehr so lange benötigen, um ein Projekt zu schließen. Das hat unter Live 9 in der Tat manchmal eine gefühlte halbe Minute gedauert. Ob Live 10 hier tatsächlich schneller ist, wird sich bei größeren Projekten zeigen.