Gesunde Haut durch Gentherapie

Für die sogenannte Schmetterlingskrankheit gibt es bisher keine Heilung. Doch Forscher konnten nun einem schwer unter der Erbkrankheit leidenden Jungen helfen, indem sie genveränderte Stammzellen züchteten und die neue, gesunde Haut transplantierten.

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Blasen, Wunden und sich ablösende Hautfetzen: Menschen, die an der sogenannten Schmetterlingskrankheit leiden, sind sprichwörtlich gezeichnet. Bei der genetisch bedingten Hautkrankheit Epidermolysis bullosa (EB) sind die unterschiedlichen Hautschichten nur unzureichend ausgebildet. Dadurch können Betroffene am ganzen Körper sowie in Mund und Speiseröhre Verletzungen und somit auch Narben bekommen. Schon ein leichter Druck oder etwas Reibung genügen. Ihre Haut gilt daher als so empfindlich wie ein Schmetterlingsflügel. Die Ursache ist eine Mutation in jenen Genen, die für den Hautaufbau zuständig sind. Eine Heilung gab es bisher nicht. Doch mit gentherapierten Hautstücken gelang Forschern aus Bochum und dem italienischen Modena jetzt ein Vorstoß bei der Behandlung des siebenjährigen Jungen Hassan.

Wie ein Team aus Bochumer Kinderärzten, plastischen Chirurgen und Experten der Universität von Modena nun in einen Artikel in Nature bekannt gaben, konnte es 80 Prozent von Hassans Epidermis aus genetisch behandelten Stammzellen des Jungen gezüchteter Haut wieder aufbauen. Insgesamt erhielt der vor zwei Jahren therapierte Junge 0,85 Quadratmeter an neuer Haut – den Ärzten zufolge die bisher größte transplantierte Fläche.

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Zuvor war Hassans Zustand lebensbedrohlich. Im Juni 2015 waren 60 Prozent seiner Oberhaut stark in Mitleidenschaft gezogen. "Er litt an einer ausgeprägten Sepsis mit hohem Fieber und wog nur noch 17 Kilogramm – ein lebensbedrohlicher Zustand", sagt Tobias Rothoeft, Oberarzt am Katholischen Klinikum Bochum. Nachdem andere Therapieansätze versagt hatten, schlugen die Ärzte die Gentherapie vor.

Ausgangsbasis war ein vier Quadratzentimeter großes, intaktes Hautstück des Jungen. Daraus gewannen die Forscher die benötigten Stammzellen. In diese schleusten sie mithilfe eines sogenannten retroviralen Vektoren, einem Viruspartikel, eine intakte Genvariante ein, um die Mutation zu ersetzen. Diese veränderten Stammzellen wurden dann im Labor weitergezüchtet, so dass transgene Hauttransplantate entstanden. Die Ärzte der Universitätsklinik für Plastische Chirurgie des Bochumer Bergmannsheils transplantierten diese jeweils 144 Quadratzentimeter großen Transplantate auf Arme und Beine, den gesamten Rücken, Flanken und Teile des Bauchs sowie auf den Hals und das Gesicht des Jungen.

Gesunde Haut durch Gentherapie (5 Bilder)

Gezüchtete Hautprobe, die durch die genveränderten Stammzellen entstanden ist.
(Bild: RUB, Frank Jacobsen)

Aus den Gewebteilen bildete sich neue, gesunde Oberhaut, die keine Anzeichen der Krankheit mehr aufwies. "Die transplantierten Hautareale scheinen nach einer Beobachtungszeit von fast zwei Jahren mechanisch stabil zu sein, das heißt es entstehen keine neuen Blasen oder Wunden durch Reibung oder andere mechanische Belastung", beurteilt Leena Bruckner-Tuderman. Die Dermatologin vom Universitätsklinikum Freiburg war selbst nicht an der Studie beteiligt.

Ob Hassans Zustand weiterhin stabil bleibt, muss beobachtet werden. Denn eine Genkorrektur mithilfe eines veränderten Viruspartikels kann Folgen haben. "Bei diesen Vektoren besteht prinzipiell die Sorge, das Hautkrebs entsteht, durch durch die Integration der Viruspartikel in ungünstigen Erbgutabschnitten", sagt Bruckner-Tuderman. Die Studie zeige jedoch, dass der Ansatz wahrscheinlich auch auf einige andere Hautkrankheiten übertragen werden könne, sagt die Dermatologin.

(jle)