Smart Watch misst psychologische Zustände

Aus Daten, die Computeruhren erfassen können, lässt sich das Glücksempfinden ihrer Träger ableiten, glauben MIT-Forscher.

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  • TR Online
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Eine der größten Herausforderungen der Menschheit im 21. Jahrhundert ist die Frage, wie möglichst viele Teilnehmer der Gesellschaft glücklich sein können. Ratschläge gibt es genug. Aristoteles schrieb einst, Glück sei ein aktiver Zustand. Und ein Forscherteam will herausgefunden haben, dass Menschen, die sich mit glücklichen Personen umgeben, selbst glücklicher werden. Jeder glückliche Mensch im eigenen Leben erhöht demnach das eigene Glücksempfinden um neun Prozent – wenn das nicht selbstlos ist.

Die Frage ist nur: Wie kann man persönliches Glück überhaupt messen? Wie lässt sich eine Art "Happiness Index" erstellen, der dies möglichst genau erfasst, um anhand dieser Daten dann vorhersagen zu können, wann und ob eine Person in Zukunft die gewünschte Zufriedenheit erlangt?

Eine Antwort will nun ein Wissenschaftlerteam am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge geben. Die Gruppe um Pascal Budner hat eine Methode entwickelt, mit der sich Computeruhren dazu verwenden lassen, persönliches Glück zu messen und/oder vorherzusagen.

Die Technik basiert auf einer Smart Watch des Herstellers Pebble, die mit einem Android-Smartphone verbunden ist. Auf den Geräten läuft eine App, die Daten sammelt und diese anzeigen kann. Die Uhr erfasst so etwa Herzfrequenz und Aktivitätsniveau des Trägers, während die Smartphone-Anwendung dem Benutzer erlaubt, selbst einzugeben, wie glücklich oder aktiv sie sich gerade fühlen. Dazu wird ein sogenanntes Happimeter verwendet, das die Stimmung des Nutzers vorhersagt und sich anpassen lässt, sollte sie nicht zutreffen.

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Die Happimeter-Einstufungen basieren auf der traditionellen psychologischen Sichtweise von Glück in zwei Dimensionen: Erregungszustand und Wertigkeit. Erregung reflektiert eine Bereitschaft zu handeln oder ein höheres Aktivitätsniveau und steht mit einer stärkeren Wachheit, höherem Blutdruck und Herzfrequenz in Verbindung. Erregung messen Budner und seine Kollegen in den Abstufungen: "nicht aktiv", "aktiv" oder "sehr aktiv". Wertigkeit wird wiederum als aktuelles Gefühlseinschätzung erfasst: Ein sehr angenehmes Selbstgefühl, ein angenehmes Selbstgefühl oder ein unangenehmes Selbstgefühl.

Diese beiden Variablen ergeben ein zweidimensionales Bild, in dem sich der Nutzer in neun verschiedene Stadien einordnen kann. "Sehr aktiv" bei einem "unangenehmen" Selbstgefühl wird so zur Wut, während ein "sehr angenehmes" Selbstgefühl bei "Inaktivität" für einen Zustand der Entspannung steht.

Nutzer in Budners Versuchsreihe mussten diesen Zustand vier Mal am Tag bestimmen, durften dies aber auch häufiger tun. Parallel dazu erfasste die App externe Faktoren wie den Aufenthaltsort des Benutzers, den Wochentag, die Zeit und die Wetterbedingungen.

Im Rahmen der Untersuchung, die 2017 stattfand, wurden 60 Personen mit der Computeruhr und der App ausgestattet, die beides zwei Monate trugen. Mitgemacht haben Masterstudenten, Forscher, Universitätsmitarbeiter, Berater und höhere Manager im Alter zwischen 22 und 59 Jahren.

Zum Ende des Experiments hatten die Forscher fast 17.000 einzelne Datenpunkte erfasst und einen generellen Eindruck der Stimmung der Probanden ermittelt. In den zwei Monaten fielen die Stimmungseingaben zu fast 80 Prozent als "sehr angenehm" aus. Nur 3 Prozent gaben an, sich "sehr unangenehm" zu fühlen. Nur 16 Prozent waren "sehr aktiv", während 26 Prozent gar nicht aktiv waren.

Um die Daten genauer auszuwerten, nutzten Budner und sein Team eine Form des maschinellen Lernens, um Muster bei Herzfrequenz, Orten, Wetterbedingungen und den weiteren erfassten Daten zu finden. Daraus sollte sich ein Vorhersagemodell ergeben, wie glücklich ein Nutzer wäre.

Die Vorhersagerate fiel erstaunlich gut aus. "Die Genauigkeit lag bei bis zu 94 Prozent", so Bunder und Co. Einige Datensätze erwiesen sich als deutlich besserer Vorhersagefaktor für das persönliche Glück. "Wir fanden heraus, dass das Wetter und die Bewegung zwischen Orten gute Vorhersagen erlaubten, während Körperwerte wie die Herzfrequenz sich als weniger genau erwiesen."

Die Ergebnisse legen nahe, dass Daten von Computeruhren und Smartphones dabei helfen könnten, den Glückszustand der allgemeinen Bevölkerung zu kartieren – beziehungsweise deren Glückszustand zu verbessern.

Allerdings ist die Studie mit 60 Teilnehmern sehr klein gewesen. Zudem könnten die Probanden offener gegenüber der Technik gewesen sein als "normale" Menschen, die Teilnahme war schließlich freiwillig. Budner und seine Kollegen sind sich dieser Einschränkungen bewusst, weswegen sie nun eine größere Studie mit zufällig ausgewählten Personen planen. "Nichtsdestotrotz denken wir, dass wir ein neuartiges System für die Erfassung und Erhöhung individuellen Glücks gefunden haben", sagen sie.

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