NSA-Skandal: US-Überwachung soll trotz auslaufender Gesetzesgrundlage weiterlaufen

Eigentlich müssen die US-Abgeordneten einen wichtigen Abschnitt eines US-Gesetzes noch dieses Jahr erneuern, damit umfangreiche Überwachungsprogramme weiterlaufen dürfen. Sollte das nicht klappen, will die US-Regierung trotzdem erst einmal weitermachen.

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NSA-Skandal: US-Überwachungsgesetz läuft aus – Regierung lässt es weiterlaufen

(Bild: blickpixel)

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Die US-Regierung ist überzeugt, dass die umstrittene Überwachung auf Grundlage des Abschnitts 702 des Foreign Intelligence Surveillance Acts (FISA) vorerst weiterlaufen kann, auch wenn die rechtliche Grundlage zum Jahresende ausläuft. Wie die New York Times berichtet, beruft sich das Direktorat der US-Nachrichtendienste dabei auf eine Auslegung des Gesetzestextes. Demnach könnte die umfassende Überwachung noch bis Ende April 2018 fortgeführt werden, wenn sich der US-Kongress nicht auf die seit Monaten verhandelte Verlängerung einigt. Noch setze man aber darauf, dass das trotz der kontroversen aktuellen Verhandlungen um den US-Haushalt klappen wird.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Der im Zuge des NSA-Skandals in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geratene Abschnitt 702 des US-Bundesgesetzes FISA erlaubt es US-Behörden, außerhalb der USA lebende Ausländer ("non-US persons") ohne konkreten Verdacht weltweit zu überwachen. Die Spione brauchen dafür nur eine Genehmigung des eigens dafür eingerichteten, geheim tagenden Gerichts FISC, in dem lange niemand Argumente gegen die Anträge vorbringen konnte. Abschnitt 702 diente als gesetzliche Legitimierung der Überwachungsprogramme Prism – in dem sich US-Geheimdienste Daten von US-Internetdiensten beschafften – und Upstream – unter dem Daten von Betreiber der Internet-Backbones gefordert werden.

Mit der Ankündigung, dass die Programme unter Abschnitt 702 nicht sofort am 1. Januar 2018 abgeschaltet würden, sollte der Gesetzestext nicht erneuert werden, nimmt die US-Regierung Druck von den Abgeordneten. Damit könnten sie im kommenden Jahr die verschiedenen Vorschläge ausführlicher diskutieren, denn gegenwärtig herrscht keine Einigkeit. Während manche Abgeordnete den Text unverändert und ohne zeitliche Begrenzung festschreiben wollen, plädieren andere für mehr Änderungen, die zu mehr Datenschutz für US-Amerikaner führen würden.Außerdem gibt es noch keine Einigkeit darüber, welche Voraussetzungen Agenten künftig erfüllen müssen, um die immensen Datenbanken durchsuchen zu dürfen.

Sollte die Überwachung unter Abschnitt 702 aber tatsächlich komplett gestoppt werden, wollen die Geheimdienste mit einem umständlichen Mitteln zumindest Teile der umfassenden Überwachung fortsetzen. So müsste dann die Liste von 100.000 Zielpersonen systematisch durchgegangen werden, um Überwachungsbeschlüsse für jene zu erwirken, die auf keinen Fall aus den Augen verloren werden solle, erläutert die New York Times die Pläne. Für diese Personen könnten dann – nach umfangreicher Vorarbeit – individuelle Überwachungsbeschlüsse vor dem Geheimgericht FISC erwirkt werden. Weil dafür aber höhere Voraussetzungen erfüllt werden müssen und das ganze sehr viel Arbeit wäre, würde die Überwachung der meisten Zielpersonen dann enden. (mho)