Post aus Japan: Nippon auf der CES

Japans Autohersteller haben die Unterhaltungselektronikmesse endgültig für sich entdeckt. Sie nutzen die amerikanische Schau, um ihren neuesten Mobilitätsideen zu präsentieren. Auch Elektronikproduzenten machen bei dem Trend mit.

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Von
  • Martin Kölling

Toyotas Konzernchef Akio Toyoda bezeichnet sich gerne als "Car Guy", also als Manager mit Benzin im Blut. Lenkt er nicht gerade Japans größte Automarke, fährt er gerne Autorennen. Folgerichtig hat er in den vergangenen Jahren versucht, die Automüdigkeit vieler Jungkonsumenten in den Industrienationen mit Fahrspaß zu bekämpfen. Doch nun auf der amerikanischen Elektronikmesse CES steuert auch er neue Ziele an, die andere Hersteller ebenfalls im Blick haben: öffentlich-private, geteilte Massenmobilität.

Höchstpersönlich stellte er auf der Messe das Konzept e-Palette vor. Dabei handelt es sich um toastbrotförmige, autonome Vehikel verschiedenster Größen, die als Taxis, fahrende Büros oder Supermärkte sowie Auslieferungslaster eingesetzt werden können. Es soll Teil der Global Mobility Service Platform Toyotas werden, mit der Toyota seine Fahrdienste Firmen anbieten will. Dies demonstriere Toyotas "andauernde Expansion über traditionelle Autos und Laster hinaus", sagte Toyoda.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Toyota ist damit nicht der einzige japanische Autohersteller auf der Messe, der den Trends von Mobilität als Dienstleistung und zur Gadgetisierung von Autos huldigt. Nissan, mit Renault und Mitsubishi Motors derzeit die größte Autogruppe der Welt stellt den Amerikanern ein Gehirn-Auto-Schnittstelle vor, durch die das Auto zum Gedankenleser wird.

Durch die Interpretation der Gehirnaktivitäten soll das System feststellen, wie sich der Fahrer fühlt und was er vorhat. Nissan will damit das Fahrvergnügen der Fahrer erhöhen. Ein Möglichkeit: Das autonome Auto kann feststellen wie sich der Fahrer bei bestimmten Fahrweisen fühlt und den Fahrstil dementsprechend anpassen.

Aber auch wenn der Mensch selbst fährt, hilft das System. Denn mit der Messung der Gehirnaktivitäten weiß das Auto bereits Millisekunden, bevor der Fahrer reagiert, wie der Fahrer reagieren wird. Das Auto kann daher unmerklich für den Menschen Brems- oder Lenkmanöver vorbereiten.

Dies ist eine interessante Entwicklung, in der auch Toyota Erfahrungen gesammelt hat. Im Rahmen eines Grundlagenforschungsprojekts wirkte Toyota an der Entwicklung eines Rollstuhls mit, der mit Gedanken gesteuert wird. Aber das hat Nissan offenbar nicht vor.

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Japans drittgrößter Autobauer Honda stellt auf der Messe mit Produktstudien vor, wie nach Ansicht der Ingenieure Roboter und künstliche Intelligenz künftig mit Menschen leben können. Unter dem Titel 3E fassen die Japaner ihre Einfälle zusammen, 3E wie in Empower, Experience, Empathy.

Ein selbstfahrendes, künstlich intelligentes, geländegängiges Quad soll den Menschen in Feldern, Wäldern und Wiesen als maschinelles Muli beim Arbeiten helfen. Ein rollstuhlähnlicher Roboter namens 3E-B18 bewegt sich gewandt wie ein Fußgänger und darf seine Herr- oder Frauchen chauffieren oder beim Tragen helfen.

3E-C18 sieht aus wie ein überdimensionierte Kühlbox auf Rädern. Dank künstlicher Intelligenz soll es lernen, wie seine Mitmenschen agieren und sich anpassen. Es kann auch leicht zum Mini-Eisstand umgebaut werden. 3E-A18 wieder gleicht einem umgedrehten Flaschenkürbis mit Gesicht. Das Gerät ist als Kommunikationsspezialist mit Menschen gedacht.

Interessanterweise öffnen sich nicht nur Japans Autobauer für die Elektronik, sondern auch die Elektronikhersteller für Autos. Ganz vorne mit dabei ist Panasonic, der mit Akkus, digitalen Armaturenbrettern, Kameras und Rückspiegeln und einer Myriade anderer Bauteile zu einem Topzulieferer der Automarken werden will.

Unterhaltungselektronik wie Fernseher führt der Konzern zwar immer noch im Portfolio. Doch auf der CES stellt er auch neue Armaturen- und Unterhaltungssysteme für die Autos der Zukunft und einen e-Antrieb für kleine Elektroautos vor. Die Botschaft ist klar: Japans Auto- und Technikkonzerne sind jetzt ganz vorne mit dabei, wenn es um die Verschmelzung von Autos und Elektronik zu autonomen Mobilitätsgadgets geht.

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