Ernst machen

Wozu eigentlich ein deutsches Klimaziel, wo es doch einen europäischen Emissionsrechtehandel gibt?

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„Kein ,deutsches‘ Klimaziel: Warum Merkel ihr Wahlversprechen brechen sollte“, schreibt das Centrum für Europäische Politik in einem Gastbeitrag für Euractiv. Das liest sich erstmal absurd, ist aber nicht ganz abwegig: Der Autor argumentiert, dass es schließlich übergeordnete europäische Klimaziele gebe, die durch den Emissionshandel gedeckelt werden. Deutsche Alleingänge würden lediglich die Emissionen innerhalb der EU verschieben, dem Klima ansonsten aber wenig bringen.

Das Argument, Emissionshandel und Einspeisevergütung würden gegeneinander arbeiten, ist nicht ganz neu, aber auch nicht ganz falsch: Fördert man die Erneuerbaren, werden die Zertifikate billiger, was wiederum fossilen Kraftwerken nutzt. Ein Nullsummenspiel also.

Soweit einverstanden. Nur: Wärme und Verkehr fallen nicht unter den Emissionshandel, dabei verursachen sie hierzulande rund drei Viertel der gesamten industriellen Treibhausgasemissionen. Und im Strom- und Industriesektor gibt es ein Überangebot an Emissionszertifikaten, weshalb die Preise im Keller sind.

Dies ist keinesfalls ein Beleg dafür, dass Märkte im Umweltbereich prinzipiell nicht funktionieren, denn der Emissionshandel hat kaum etwas mit Marktwirtschaft zu tun. Märkte definieren sich durch Knappheit und nicht durch das großzügige Verschenken von Gütern.

Ein ernstzunehmender CO2-Preis quer durch alle Sektoren würde ein ganzes Bündel von Problemen auf einmal lösen: Er würde die Kohlekraft aus dem Markt drängen zugunsten von flexiblen Gaskraftwerken, die viel besser mit den Erneuerbaren harmonieren; er würde es erleichtern, die Strom-, Verkehrs- und Wärmemärkte miteinander zu verbinden, weil es ein einheitliches Preissignal dafür gäbe, wo eine Kilowattstunde Strom am besten einzusetzen wäre.

Erstaunlicherweise sind aber die Leute, die gerne auf die marktwirtschaftlichen Segnungen des Emissionshandels verweisen, oft gleichzeitig auch die, die am lautesten aufschreien, wenn es darum geht, mit diesem Markt ernst zu machen, sprich für echte Knappheit und wirksame Preissignale zu sorgen.

(grh)