Verhandlung im Microsoft-Berufungsverfahren steht an

Microsoft hofft, in der Berufungsverhandlung im Kartellprozess der Klage den Boden unter den Füßen wegziehen zu können.

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Von
  • Jürgen Kuri

Der Kartellstreit um Microsoft geht in die nächste Runde. An diesem Montag beginnen vor dem Berufungsgericht in Washington zweitägige Anhörungen. Microsoft will dabei die Aufhebung des Urteils vom Juni vergangenen Jahres erreichen, in dem eine Zerschlagung des Konzerns in zwei unabhängige Unternehmen verfügt worden war.

Die US-Regierung und 19 US-Bundesstaaten hatten Microsoft wegen Missbrauchs seiner Quasi-Monopolstellung beim Betriebssystem Windows verklagt. Der im ersten Verfahren zuständige Bundesrichter Thomas Penfield Jackson gab den Klägern recht. Er befand, dass Microsoft gegen die Kartellgesetze verstoßen habe, indem es Windows mit dem Webbrowser Internet Explorer verband. Das Unternehmen habe zudem wettbewerbswidrige Maßnahmen ergriffen, um seine Monopolstellung bei Betriebssystemen abzusichern. Microsoft legte daraufhin sofort Berufung ein. Das Urteil ist bis zur endgültigen Entscheidung ausgesetzt.

Bei der mündlichen Verhandlung am Montag und Dienstag, dieses Mal vor einem siebenköpfigen Richtergremium, kommen die Anwälte beider Seiten zu Wort. Microsofts Rechtsvertreter wollen argumentieren, dass das Unternehmen nicht gegen Kartellgesetze verstieß, Richter Jackson voreingenommen war und die von ihm verfügte Zerschlagung eine "exzessive" Maßnahme sei. Im Fall Jackson stützt sich Microsoft unter anderem darauf, dass der Richter seinerzeit keine gesonderten Anhörungen über mögliche Strafen für das Unternehmen abgehalten habe. Das Berufungsgericht hatte zudem in einem überraschenden Zug das Verhalten Jacksons auf die Tagesordnung gesetzt und den Zeitplan entsprechend geändert – und dies, obwohl sich die beiden streitenden Parteien zuvor darauf verständigt hatten, dies nicht zum Thema der mündlichen Verhandlung zu machen.

Nach Ansicht von Rechtsexperten hat Microsoft eine gute Chance, bei der Berufung zumindest einen Teilerfolg zu erzielen. Zwei der Richter im jetzigen Revisionsverfahren hatten bereits früher gegen eine Entscheidung Jacksons und zu Gunsten Microsofts entschieden: Sie hoben eine Verfügung Jacksons auf, derzufolge das Unternehmen den Webbrowser von Windows trennen sollte. Wenn das Gericht im Sinne Microsofts entscheidet beziehungsweise das Verfahren wegen eines zu harten Urteils an die erste Instanz zurückverweist, halten US-Beobachter inzwischen sogar wieder eine außergerichtliche Einigung zwischen US-Justizministerium und dem Software-Konzern für möglich. Schließlich hat das Antitrust-Department des Ministeriums mit Charles James einen neuen Chef bekommen, der schon zuvor geäußert hatte, dass er von einer Zerschlagung Microsofts nichts halte. Diese würde nach seiner Ansicht die einheitliche Software-Plattform zerstören, die das Unternehmen geschaffen habe. (jk)